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Brief vom 2. September 1717

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


847.


[081]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 2 September 1717, umb 8 uhr morgendts (N. 4).
Hertzallerliebe Louise, ich habe noch ein stündtgen in meinem cabinet zu sein, ehe ich mich ahnthun werde, daß kan ich nicht [082] beßer ahnwenden, alß auff Ewere 2 liebe schreiben zu andtwortten, so man mir auff einmahl gebracht hatt, zu andtwortten, umb 9 aber muß ich mich ahnziehen; den ich muß heütte nach Paris, bin zu gast gebetten bey der gutten duchesse du Lude, so vor dießem hoffmeisterin bey der letzten dauphine geweßen. Madame d’Orleans solle auch hinkommen; es ist wie eine rente, den alle jahr umb dieße zeit gibt sie mir eine mahlzeit, sie hatt gar gutte köch. Nach dem eßen werden wir hoca spielten; erste post werde ich Eüch sagen, waß es vor ein spiel ist, heütte habe ich nicht zeit genung dazu. Ich werde nach dem spiel ins Palais-Royal, da man alle donnerstags auff dem theatre vom opera commedie spilt; einen donnerstag spilt man eine tragedie mitt einem poßenspiel undt den andern eine commedie undt noch ein klein stuk dabey. Waß wir heütte sehen werden, ist le medissant,[1] so ich nie gesehen; daß kleine stück weiß ich nicht. Gleich nach der commedie werde ich wider her. Aber es ist auch einmahl zeit, daß ich auff Ewere liebe brieffe komme. Ich bin fro, daß meine brieffe ahnfangen, richtig zu gehen. Wen Ihr mir schreibt den datum, liebe Louisse, von welchen mein brieff war, so Ihr entpfangen, so setzt auch dazu, welch chiffer es hatte, damitt ich sehe, ob ich recht gesetzt habe! Ich konte Eüch, liebe Louise, ja nicht eher schreiben, ehe ich wißen konte, ob Ihr ahnkomen wahret oder nicht, undt wie Ihr auß meinem brieff vom 5ten ersehen, so habe ich Ewer erstes von Franckfort erst den 5 Augusti entpfangen undt gleich beantwortet. Ich weiß aber nicht, warumb ich vorgestern Ewere zwey schreiben auff einmahl bekommen; Ewere laquayen tragen sie vielleicht nicht geschwindt genung auff die post undt daß also eines liegen geblieben undt die zweyte post erst mitt einander fort gekont haben. Meine gesundtheit ist, gott sey danck, gar gutt, undt wen ich nicht zu zeitten schmertzen in den knien hette, konte ich sagen, daß ich in volkomner gesundtheit bin. Der bitter wein vom copaheu-öhl bekompt mir gar woll, er purgirt nicht, thut keinen eüßerlichen effect, allein er stercket undt man pist viel mehr, alß ordinarie; daß verhindert die füße undt bein, zu geschwellen. Ein intendent, [083] ein edelman, so monsieur de Veaucresson[2] heist, hatt mir vor 3 tagen ein schon pressent geben, zwey kellergen von schönnen rodten lack, jedes hatt ein dutzendt kleine fleschger mitt den alsten[3] öhl von copahu; daß ist ein groß pressent, den der unverfalschte copaheu ist gar rar. Vor Ewer gutte wünsche zu meiner gesundtheit, liebe Louisse, dancke ich Eüch von hertzen. Ihr seydt gar zu demütig; seydt Ihr mir den nicht nahe genung, umb mich vor Eüch zu interessiren? Solte man sich nur umb die in sorgen setzen, so einem nützlich sein? daß wehre ein schön sentiement. Kranck sein ist woll daß schlimbste, so einen auff einer reiß begegenen kan. Ich wolte, daß, weillen Ihr daß obst so lieb[t], daß es Eüch nicht mehr schaden thät, alß mir! Mitt dem rohtlauffen muß man sich sehr schonen, den es ist gar gefahrlich, wens einschlegt. Milch ist nicht gesundt, insonderheit den miltzsüchtigen, denen versauert sie gleich. Ihr habt noch von kein alter zu klagen, wardt erst, biß Ihr, wie ich, weit über die 60 sein werdt! da werdt Ihr sehen, waß ein spielwerck es ist. Es ist nöhtig, daß junge Pfaltzgraffen kommen, den unßer hauß geht sehr ab. Warumb heist man Churpfaltz printzes nicht churprintzeßin? den sie ists ja nun. Da will ich woll auff wetten, daß die churfürstin zu Pfaltz, die verwitibte, nicht herkompt, daß wirdt ihre fraw mutter nicht leyden. Wir haben sie hir im hauß, ist lustig undt befindt sich woll, kan aber nicht gehen. Gedult überwindt buttermilch, so geht es Eüch auch. Wen Ihr mir daß Nuremberger pflaster schickt, must Ihr mir auch dabey setzen laßen, waß es kost. Hiemitt ist Ewer erstes schreiben vollig beantwortet. Ich komme auff daß vom 18 Aug., no 5. Von herrn Zachman[4] habe ich noch nichts gehört, noch gesehen. Es ist billig, daß alle heydelbergische leütte mich sehen; den ich habe mein vatterlandt von hertzen lieb. Man sicht mich woll, ob man zwar nicht adtlich ist; wen ich hir nur die sehen wolte, so nur von guttem hauß undt adtlich sein, muste ich offt hir gantz allein sein, den die ducs, so viel prahlens machen, darunter seindt viel, die keine edelleütte sein. Ich hoffe, daß, wen Ihr Churpfaltz sehen werdet, wirdt er in Ewer faveur beßer mündtlich, alß nun schriefftlich, decidiren. Ey pfuy, liebe Louisse! warum macht Ihr die façon, zu sagen, daß Ihr mir nur einmahl die woch schreiben wolt undt [084] daß Ihr zu offt kompt? Ihr wist ja woll, daß ich Ewere brieffe gern habe, also ist daß abgeschmackt gerett, corigirt Eüch! Hiemitt ist Ewer zweytes liebes schreiben, no 5, auch exact beantwortet. Ich muß auch mich ahnziehen. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. September 1717 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 81–84
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0847.html
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