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Brief vom 7. November 1717

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


862.


[118]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

St Clou den 7 November 1717 (N. 20).
Hertzallerliebe Louise, es schneyet, daß betrübt mich; den daß schlimme wetter wirdt mich nach Paris jagen, wo ich so bitter ungern bin. Aber waß will man thun? Man muß allezeit thun, waß raisonabel ist, undt gott walten laßen, so hatt man sich nichts vorzuwerffen. Vergangenen donnerstag, liebe Louise, wie ich zu Paris war, habe ich Ewer liebes schreiben vom 23 October, no 24, [empfangen]. Unßer commers geht nun gar richtig, wens nur so immer fort wehrt! Ich weiß nicht, wie es kompt, daß ich Ewere liebe schreiben 3 tag spätter bekomme, alß Ihr die meine. Monsieur [119] de Torcy muß langsamere übersetze[r] haben, alß monsieur de Louvoy gehabt hatt; den ob dießer zwar auch alle meine brieffe laße, so bekamme ich sie doch zu rechter zeit, aber bey dießem bekomme ich allezeit alle meine brieffe ein par tag spätter. Wen er aber meint, mir bey meinem sohn händel ahnzumachen können, alß wie er vor dießem bey dem könig, betrigt er sich sehr; mein sohn kent mich zu woll, umb daß mich jemandts mitt ihm brouillern könte. Dieß (nehmblich daß übersetzen) kan auch woll die ursach sein, daß ich offt Ewer schreiben, liebe Louisse, 2 undt 2 auff einmahl entpfange, undt ist gläublich[er], daß der fehler vom Torcy undt seinen leütten kompt, alß von Ewerm trewen Matheis. Vor etlichen jahren schickte man etwaß auß der Pfaltz her in einem wagen; der kutscher, so es führte, war auch ein sohn vom Ambrossius Lobwaßer, wie ich ihn alß geheyßen. Ich weiß nicht, ob es der ist, so Ihr bey Eüch habt, oder einer von seinen brüdern, aber er gliche seinem vatter so perfect, daß ich gantz verwundert war, den Ambrossius, ahnstatt veralt, verjüngert zu sehen.[1] Es ist kein pomerantzenbaum verbrendt au Thuillerie; sie wahren noch nicht in sehre so verbrendt, menschen aber seindt drin verbrendt; der arme teüffel, so ahn dem brandt schuldig war, ist verbrendt, ware vor ist entschlaffen undt sein licht fahlen laßen, so gleich ahngangen, den es wahren palliassen von strohe drinnen, nachts vor die fenster zu legen. Wo mir recht ist, so ist mylordt Darcy ein jüng bürschen, hatt mir aber kein schreiben von Eüch gebracht. Ich habe ein schlim gedächtnuß undt sehe deß jahrs durch so viel Engländer, daß ich sie confondire undt nicht behalten kan, kan also [nicht] mitt warheit sagen, ob ich dießen gesehen habe oder nicht. Ich kenne frantzösche leütte von qualitet, so D’Arcy heißen; mein sohn hatt einen hoffmeister von dießem nahmen gehabt.[2] Ich habe auch viel gemeine leütte gekandt, so dießen nahmen haben, aber die wahrheit zu sagen, die frantzösche heüßer auff unßere teütsche art zu rechen[3] undt so auff allen seytten gutt sein, deren glaube ich nicht, daß man 3 heüßer in gantz Franckreich findt. Die, so zu Hannry le conquerant zeitten gelebt, mögen beßer sein, alß die itzigen; den es noch, wie ich gehort, kein hundert jahr ist, daß die moden so starck von den mesalliancen auffkommen ist. Aber waß ich woll versichern [120] kan, ist, daß sie bey dem schönburgischen nicht kömmen,[4] daß könt Ihr Ewerer niepcen mitt warheit versichern. Man ist mehr, waß man erzogen ist, alß waß man gebohren ist; den alleß, waß wir dencken, formirt sich ja nur mitt der sprach, die man lehrnt, undt die ersten preventzionen, sie mögen gutt oder böß sein, dawern schir unßer [leben] lang. Graff Degenfelt hatt groß recht, seine opinion zu souteniren, den sie ist die warhaffte. Ich werde nicht genung mitt monsieur Darcy sprechen, umb von gutten heüßern zu sprechen; den daß kan man nicht de but et blang[5] sagen, es muß discoursweiß kommen, undt mitt bludtsfrembden menschen ist die conversation kurtz, aber mitt dießem werde ich mehr Ewerthalben reden. Den conte d’Essex habe ich gesehen, hatt keine gar gutte minen, noch gar jung, ein unahngenehm schätzgen. Dick-sein verhindert daß kinderkriegen nicht, madame d’Armagnac undt die duchesse de Villeroy wahren beyde dicker, alß meines bruders gemahlin geweßen, undt haben doch viel kinder bekommen. Ich bin froh, daß Churpfaltz so raisonabel wirdt in waß Eüch betrifft. Es ist natürlich, daß es einem leydt thut, wen man seine schulden nicht zahlen kan. Allein man muß es nicht so sehr zu hertzen nehmen, daß man kranck drüber werdet; den alle menschen wißen woll, daß es Euere schuldt nicht ist. Die fraw von Rotzenhaussen pflegt alß zu sagen: Gott verlest keinen Teütschen,[6] er lest ihn nur etlichmahl leyden. Es wirdt madame Dangeau lieb sein, daß daß ihre fraw schwester, die fürstin von Usingen, die thorheit nicht begangen, sich wider zu heürahten. Daß der tromelschläger undt soldat einer den andern erstochen, darauff kan [man] daß teü[t]sche sprichwordt sagen: Von huren kompt nichts guts; hir hört man offt dergleichen. Aber ein andermahl werde ich Eüch eine poßirliche historie verzehlen von einer rottisseusse,[7] so ihren man, der sie geschlagen hatte, in Indien hatt gehen machen; es ist aber nun entdeckt, daß seine fraw ihm unrecht gethan. Man wirdt ihn wider kommen laßen undt sie straffen. Es ist spät undt Ewer liebes schreiben ist vollig beantwort[et,] werde also nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch, liebe Louise, von hertzen ambrassire undt Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
[121] P. S.
Umb 3 uhr nachmittags.
Ich entpfange in dießem augenblick, liebe Louisse, Ewer liebes schreiben vom 26 October, no 25, werde es aber erst zukünfftige post beantwortten; den ich muß ahn mein dochter jetzt schreiben; es ist heütte ihr posttag, also muß ich ihr schreiben. Ihr habt den morgen gehabt undt sie wirdt den abendt [haben]. Es ist schon spät, den ich kome auß der kirch.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. November 1717 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 118–121
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0862.html
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