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Brief vom 13. Januar 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


881.


[165]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 13 Januari 1718 (N. 42).
Hertzallerliebe Louise, die zwey fest, alß Christag undt neüjahrstag hatt ich in volkommener gesundtheit nach Ewerem gutten wunsch zwar ahngefangen, allein dinstag nachts habe ich einen abscheülichen schnupen bekommen, welcher noch wehrt, undt vergangenen sontag hatt sich der husten dazu geschlagen, welcher aber, gott lob, abgenohmen; halte doch noch die cammer, undt gehe nicht auß, befinde mich aber sonsten woll undt man versichert mich, daß es gesundt ist. Ich butz, alß wens ein geschwär were, eckelt mir selber. In dießem augenblick entpfange ich zwey von Ewern lieben schreiben auff einmahl, nehmblich daß vom 31 December, no 44, undt daß vom 1 dießes monts, no 1, daß werde ich vor die andere post versparen. Nun aber komme ich auff Ewer liebes schreiben vom 25 December 1717. In Hollandt undt Ostfrießlandt sollen von dem letzten sturm 2 stätte in Ostfrießlandt undt undt eine in Hollandt überschwembt worden sein undt 20 m. personnen zu grundt gangen sein, daß ist erbarmblich. In allem machen mich alß die undanckbarkeitten undt ungerechtigkeitten recht boß, aber noch viel mehr, wen es gegen denen geht, so ich lieb habe; drumb hatt es mich recht verdroßen, waß Ewer schwager undt elste niepce gegen Eüch gethan hatten. Ewer niepce hatte daß gröste unrecht, den erstlich ist sie Eüch respect schuldig undt zum andern so war es auch undanckbarkeit, den Ihr habt so viel vor Ewern niepce gethan, daß sie all ihr leben aplicirt soll sein vor alles, waß Eüch gefahlen undt ahngenehm sein kan; also ist sie nicht zu entschuldigen. Ich liebe die gutte auffrichtige teütsche gemühter, aber von den storige englische da halte ich gar nichts von. Daß sie Caroline dochter ist, ist gutt; aber umb von mir geliebt zu werden, muß sie auch Carolinen humor haben. Worte kan man leicht sagen, aber es müßen sich keine contrari-thaten finden undt nicht nichts falsches. Graff Degenfelt aber macht Ihr mich lieb haben, weillen er einen auffrichtigen teütschen sin hatt. Ich weiß leyder nur zu woll, wie es zu St James [166] vorgeht undt deücht, daß es übel ärger wirdt, welches mir woll von hertzen leydt ist. Alles ist leyder nur zu war, alß laß[1] niemandts nie nichts wißen, waß Ihr mir schreibt! Mylord Stairs ist gestern zum 1 mahl wider außgangen, ist todt-kranck geweßen. Seine fraw hatt ein groß lob hir erworben, wie sie ihm nacht undt tag gedint hatt. Englander seindt allezeit schlim geweßen, sollen aber, seyder konig Wilhelm dort regirt, in größere laster gefahlen sein undt schlimmer worden. Man hatt observirt, daß alle insulairen allezeit falscher undt boßhafftiger sein, alß die leütte, so in terre ferme wohnen. Ich habe noch der zeit nicht gehabt, deß abbé de Bouquoy brieff zu leßen, will Eüch andere post sagen, wie ich es gefunden, liebe Louise! Hiemitt ist Ewer erstes liebes schreiben beantwortet; ich muß nun eine pausse machen undt mich ahnziehen laßen. Dießen abendt nach dem opera werde ich dießen brieff außschreiben. Den gantzen nachmittag biß halb 6 habe ich ahn mein dochter zu schreiben durch einen particulieren courier wegen ihren affairen, so sie hir bey hoff haben. Adieu den biß auff den abendt nach dem opera von Belerophon![2] den morgen kan ich nicht ins opera.
Paris, donnerstag umb 3 viertel auff 9 abendts.
Hiemitt hab ich eben auff mein dochter großen brieff geantwort, nun will ich Eüch entreteniren undt, so viel mir möglich sein wirdt, auff Ewer liebes schreiben vom 28 December, no 42, andtwortten. Wie ich sehe, liebe Louisse, so bekompt Ihr so woll, alß ich, Ewere schreiben auß Englandt gar richtig; allein sie bekommen die meinen nicht so richtig undt 3 auff einmahl, wiewoll ich gar gewiß kein eintzige post ohne schreiben bin. Woran es ligt, weiß ich nicht. Die gräffin von der Bückeburg hatt mir geschriben, daß Ewere niepce Wilhelmine Louise Helene heist; also hatt sie doch Ewern nahmen. Die printzes von Wallis, wie auch ihr herr, seindt beyde wider gesundt, gott lob! der printz hatt die waßerblattern gehabt. Aber sie seindt beyde noch in ungnaden; daß vornehmbste aber ist doch die gesundtheit. Mitt der zeit wirdt daß überige [167] schon wider kommen; den es ist schwer zu glauben, daß ein einziger sohn lang in seines herrn vatters ungnade bleiben solle. Also erfreu ich [mich] doch, daß sie beyde wider gesundt. Ich verspreche Eüch, liebe Louise, kein wordt, von waß Ihr mir sagt, nach Englandt zu schreiben. Aber mein eßen ist kommen, dannke nochmahlen vor die schönne medaille, wie auch daß callendergen, welches mich recht divertirt, trag es immer im sack. Adieu, liebe Louisse! Ich behalte Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Januar 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 165–167
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0881.html
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