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Brief vom 13. Februar 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


889.


[184]
Paris den 13 Februari 1718 (N. 50).
Hertzallerliebe Louisse, umb keine post zu verfehlen, wie ich Eüch versprochen, so schreibe ich; habe keinen frischen brieff zu beantworten, sondern noch einen alten vom 15 Januari. Aber ich will Eüch … mich deücht, Franckforth ist nicht so weitt von Paris, umb daß unßere brieffe, so [lange] unterwegen sein solten, alß sie sehen.[1] Aber daß ist nicht zu endern, will also weitter nichts davon sagen. Vom schnupen werde ich auch nichts mehr sagen, alß daß ich fürchte, daß er undt der husten sich baldt wider ahnmelden werden, weillen ich alle kranckheitten ordinarie bekomme, so in der lufft, undt daß man jetzt hir überall nichts, alß butzen undt husten, hört. Ich finde sch[n]upen undt husten so ohngemäglich, daß, wen ich die wahl hette, nehme ich eher ein gutt acces von fieber davor; also kont Ihr, liebe Louise, woll gedencken, daß es mich auch, wen ich es habe, sehr gritlich macht. Gott gebe, das es nicht kommen mag! Ich habe mich auff den letzten recht woll befunden. Wir hoffen, daß meine dochter den zukünfftigen freytag oder auffs allerspäts heütte über 8 tag mein dochter undt ihr herr bey unß sein werden, welches mich zwar sehr erfreüet; aber gott gebe, daß es ohne verdrießlichkeit zugehen mag! Allein ich fürchte [185] die böße geselschafft, so mein dochter wirdt sehen müßen, welche ihren mögligsten fleiß thun werden, ihr auch eine klecke[2] ahnzuhencken. Laße ich es gehen, mögt ein unglück drauß endtstehen; den der hertzog von Lotheringen ist nicht so indifferent, alß die mäner hir sein, auff die ehre undt würde gar kein raillerie verstehen, wen man meiner dochter ein histörgen auffbringen solte. Warne ich sie den, so werde ich vor trouble-feste[3] passiren undt vor bößen humor undt überall undanck bekommen, ohne noch sonst viel widerliche sachen, so sich finden werden, das es also keine pure freüdte wirdt sein können. Die desbeauchen von dem condéischen hauß seindt gar zu abscheülich undt offendtlich; waß zu verwundern ist, sie haben die erligste undt tugendtsambste großmutter, so man in der welt finden kan. Die argsten medissanten haben ahn madame la princesse nichts zu beißen gefunden; aber alle ihre enckeln, geheürahte oder ledige, haben die abscheüligste reputation von der welt. Man schambt sich recht, zu horen, waß man von ihnen verzehlt undt lieder singt. Auß dießem allem segt Ihr woll, liebe Louise, daß meine freüde nicht pur sein wirdt können undt allezeit mitt ein wenig sorgen undt inquietuden gemischt sein. Mein dochter hatt gar ein gutt gemüht, aber sie hatt einen leichten humor undt ist complaisant gegen ihres bruder gemahlin, so, unter unß gerett, ein wenig von ihrer mutter[4] helt[5] undt falsch ist; daß wirdt gewiß unßere freüde troubliren. Wen mein dochter hir sein wirdt, werde ich Eüch alle posten schreiben; aber meine brieffe mogten woll ein wenig kürtzer werden, den ich nur morgendts werde schreiben können. Ich bin woll versichert, das ich mein leben nicht gegen Eüch endern werde; den umb daß ich auffhoren solte, Eüch lieb zu haben, müstet Ihr mir mitt willen waß zu leydt thun; undt dazu seydt Ihr, liebe Louisse, gar zu raisonabel, den ich werde Eüch mein leben keine ursach geben, mich zu haßen. Ich weiß nicht, ob abbé Dubois Ewere niepcen undt neveus hatt sehen [können]; den er ist gar kranck in Englandt geworden. Die erste ursach ist gültig, warumb daß freüllen Degenfelt nicht Caroline ist geheyßen worden; die ander ursach seindt wenig heüßer, so nicht eine solche fantesie haben. Hir im koniglichen hauß hatt man daß exempel, daß die Henry keines naturlichen todts sterben, [186] unglücklich umbkommen. Kinderblattern nimbt viel kinder weg. In dießer welt ist kein mensch ohne fehler; wer anderst glaubt, hatt verblendung; die seindt nur die besten, die ahm wenigsten fehler haben. Es seindt auch manche fehler, so nur vor die person selber sein undt andern nichts thun; die kan man auch woll passiren laßen. Man darff mir keine pa[r]ticullariteten auß Englandt schreiben. Der könig wirfft sich in großen extremitetten, seinen enckeln zu verbietten, h. vatter undt fr. mutter zu sehen. Ich wuste woll, daß er hart ist, aber so hart hette ich I. M. nicht gemeint. Die arme princes ist outtrirt, jammert mich von hertzen. Gott wolle ihr leyden undt ihr unglück helfen ertragen! Ich erinere mich nicht mehr, welch mergen[6] ich cittirt habe. Wir haben jetzt gar nichts neües hir, derowegen muß ich schließen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch, liebe Louisse, allezeit von hertzen lieb behalte.
Sontag, den 13 Feb., umb 3/4 auff 3 nachmittags.
So baldt ich ahngethan, bin ich in die capel, hernach zum könig. Wie ich wider kommen, hab ich Ewer liebes schreiben von 29 Januari entpfangen, kan aber ohnmöglich drauff antworten, werde es vor donnerstag sparen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Februar 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 184–186
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0889.html
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