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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.
Paris den donnerstag, 24 Februari 1718 (N. 53).
Hertzallerliebe Louise, mein gott, wie jammert mich unßere arme liebe printzes von Wallis! Man hatt mir gestern auß Englandt bericht, daß ihr letztgebohrnes printzgen den 6/17 Februari ahn einen catharen auff der brust mitt gichtern gestorben ist. Die printzes hatt ihn noch vor seinem endt zu Kensington gesehen. Ich wolte, daß sie ihn nicht gesehen hette, den daß wirdt sie desto mehr schmertzen. Wolte gott, daß mitt dießes printzen todt alles feüer, so seine tauff ahngezündt, mogte geleschet werden! Aber es ist leyder noch keine aparentz dazu. Vorgestern ist mir auff einen stutz in der capel ein starcker husten undt schnupen ahnkommen. Ich habe woll gedacht, daß ich es nicht entgehen würde, weillen husten undt schnupen general sein undt man nichts, alß husten undt butz, hört. Aber ich komme auff Ewer liebes schreiben von 8 dießes monts, no 12, welches daß letzte ist, so ich entpfangen habe. Von meinen lotheringische kinder kan ich Eüch nichts anderst sagen, alß daß sie gar vergnügt hir leben. Ihr thut woll, Eüch in keine sorgen zu setzen, wen Eüch meine brieffe fehlen; den solte ich Eüch selber nicht schreiben konnen, würde ich Eüch durch eine andere handt schreiben laßen; also wen die post fehlt, kan es nichts bößes bedeütten. Seyder Ihr auß Englandt seydt, habe ich keine post verfehlet undt Eüch allezeit zweymahl die woch geschrieben; darauff könt Ihr Ewere rechnung [machen]; fehlen aber etliche, weiß ich nicht, wo sie hinkommen sein. Schreiben schadt mir gar nichts, seyder ich nicht mehr nach dem nachteßen schreibe. Es freüdt mich, daß mein gekritzel, liebe Louisse, Eüch so ahngenehm ist. Gott verzey mirs! aber ich glaube, daß der konig in Englandt nicht glaubt, daß der printz von Wallis sein sohn ist;[1] den wen ers glaubte, were es nicht möglich, daß er mitt seinem eintzigen sohn so verfahren könte, wie er mitt dießem thut. Mich deücht, daß wetter ist zu rau vor einem alten herrn, wie der duc de Schonburg ist, auff dem landt zu wohnen. Abbé Dubois ist kranck in Ewerm [193] hauß geworden; daß pfäffgen ist ein wenig delicat, in der englischen lufft gesundt zu leben können. Die gräffin von der Buckenburg schrieb mir letztmahl, daß graff von Degenfelt gantz resolvirt seye, nach Teütschlandt dießen sommer mitt seiner gemahlin zu reißen. Es muß der duc de Schonburg drin consentirt haben, weillen graff Degenfelt seine reiße vor so sicher helt. Ich bilde [mir] Londen nicht viel lustiger, alß Franckfort, ein. Ich sehe spectacle nicht ungern, aber im sommer, deücht mir, ist daß spatziren beßer; den man schwitzt zu sehr in den specktaclen. Alle gräffin von Leuenstein[2] haben daß, daß sie ein wenig hoffärtig; aber die hir ist, weist woll durch den heüraht, so sie gethan, daß sie gar nicht hoffartig ist. Ihr oncle hatt sich übel da versehen. Sie jammert mich offt; sie war artig und ist tugendtsam, hette woll waß beßers bekommen können. Ich kan die ursach nicht finden, warumb der bischoff von Strasburg dießen Dangeau erwehlt, es seye den die ursach, wie in der commedie vom l’avare,[3]la raison de sans dot.Hir hatt sich die fürstin von Siegen eine wüste klack ahngesetzt. Sie war sehr coquet hir, daß hatt ihren herrn undt sie brouillirt. Aber nun muß ich eine pausse machen, gleich nach dem eßen hoffe ich außzuschreiben.