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Brief vom 3. März 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


894.


[197]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 3 Mertz 1718, umb 9 uhr morgendts (N. 56).
Hertzallerliebe Louisse, ich habe seyder vergangenen sontag nichts von Eüch bekommen; aber es ist noch gar früh, umb brieff zu haben, will unterdeßen auff daß vom 29 Jan. andtwortten, welches mir noch überig ist von allen Ewern lieben brieffen. Indem ich Eweren brieff wieder überleße, sehe ich, daß Ihr Januari vor Februari müst datirt haben; den wie ich Eüch den 15 undt 6 Januari geschrieben, köntet [Ihr] ohnmöglich den 29 schon geantwordet haben undt wider geschrieben; den 29 Februari ist auch zu frisch, weiß also nicht mehr, woran ich bin. Daß schadt nichts, Ihr habt, liebe Louisse, nur schon zu viel vor die bagatellen gedanckt, womitt ich Eüch ahngebunden hatte, mehr, alß es werdt ist. Aber es hatt mich gefreüet, daß mein paquet so gar apropo kommen ist. Der 15 neües stiehl ist der 4 vom alten, nein, ich betriege mich, der 15 alten stiehl ist der 26 neüen stiehl; mitt mir betriegen sich die callendermacher auch, den sie setzen mich, alß wen ich den 17 May gebohren; ich bins in der that, aber alten stiehl,[1] alßo machen sie mich 12 tag jünger undt Eüch auch, liebe Louisse, aber da haben wir keinen großen profit von. Ich fange ahn, daß alter starck zu fühlen, den ich kan meines husten undt schnupen nicht loß werden, habe nur zu zwey unterschiedtlichen mahlen jedes eine stundt geschlaffen, meinte, zu barsten vor husten, war doch gar früh zu bett, just wie es 10 geschlagen, ich bin nicht außgangen. Ich halt es vor ein glück, wen ich jemandt waß geben, daß es ihnen just gefelt. Ihr würdet, liebe Louisse, wenig wehrt sein, wen Ihr kein schachtelgen undt ringelgen werdt sein soltet. Darüber hab ich lachen müßen, den es ist ein ex[c]es von demuht; solche kleine sachen passiren hir vor bagatellen undt haben keinen andern nahmen. Aber da kommen schon interuptionen. Der conseiller d’estat, der sorg vor meine affairen hatt, kompt mitt den threnen in den augen. Man hatt gestern seinen sohn in die Bastille geführt;[2] er hatt [198] hundert sottissen au Luxemburg vergangen montag gethan, ist introducteur des ambassadeurs. Der arme man jammert mich recht, ist ein ehrlicher [mann], der sohn aber ist ein halber nar. Da bringt man mir in dießem augenblick ein paquet, wo zwey von Ewere lieben schreiben in sein, vom 15 undt 19 Febr., no 14 undt 15. Ich habe noch der zeit nicht gehabt, sie zu leßen. Wo mirs möglich, werde ich dießen nachmittag drauff andtwortten; aber nun muß ich mich ahnziehen.
Donnerstag, den 3 Merts, umb 3/4 auff 9.
Le diable au contretemps, wie mans hir heist, hatt heütte woll sein spiel gehabt. So baldt ich von taffel kommen, bin ich entschlaffen; den, wie ich heütte morgen gesagt, ich hatte die gantze nacht nicht geschlaffen, daß hatt mich abgematt. Der schlaff ist mir woll bekommen. Wie ich erwacht, habe ich einen frantzoschen brieff abcopiren müßen, weillen es wegen affairen ist. Daß hatt mir alle zeit benohmen, umb Ewern brieff außzuschreiben, liebe Louisse! Darnach ist mein dochter von der Meutte kommen undt seindt mitt einander ins opera, da ich alleweill herkomme, undt man rufft mich auß ordre deß docktors; den umb 10 soll ich zu bett. Adieu! Ich ambrassire ich[3] Eüch von hertzen undt behalte Eüch allezeit lieb, liebe Louisse!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 3. März 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 197–198
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0894.html
Änderungsstand:
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