[210]
Que l’on chante, que l’on danse!
Rion[s] tous, puisqu’il le faut!
Ce n’est jamais trop tost,
Que le plaisir commance.
On trouve bien tost la fin
Des jours de rejouissance;
[212] On a beau chasser le chagrin,
Il revient plus tost, qu’on ne pense.
Ob man zwar hir in trawer ist, wardt man doch nicht daß endt von der trawer, umb die spectaclen zu sehen, man nimbt nur die ersten tag in acht. Es ist woll war, die[6] deß alter groste freüde ist, in ruh zu sein; daß spüre ich auch. Aber ob ich zwar daß daß dantzen nicht liebe, wirdt mir doch nicht übel, wen ich dantzen sehe. Die große regel macht die nonen lang leben, wen ihnen die verzweyffelung undt melancolie nicht ahnkompt, nonen zu sein. Closter, unter unß gerett, seindt nichts anderst, alß ein übel regirtes landt undt verwirtter hoff. Daß temperament thut auch viel zu der melancoley. Bin stoltz, daß Ihr, liebe Louisse, mein raisonement gutt gefunden. Hiemitt ist der erste brieff völlig beantwort; ich [muß] nun meine pausse machen, habe schon 5 brieff ahn meine enckel von Lotteringen undt die hoffmeisterin geschrieben, drumb schreib ich jetz[t] so wenig.
Paris den 20 Mertz 1718, umb halb 10 morgendts (N. 60).
Hertzallerliebe Louisse, in dießem augenblick bekomme ich [211] meine brieff von der post. Es ist aber keines von Euch dabey; also werde ich heütte nur andtwortten auff waß mir noch von Ewerm lieben schreiben vom 1 dieß[e]s monts noch überig bleibt undt so ich wegen stettigen interuptionen vergangen donnerstag nicht habe außschreiben können, muß Eüch aber noch vorher sagen, daß meines sohns gemahlin unß gestern ein schrecken eingejagt hatt. Es ist ihr auff einmahl umb 4 uhr morgendts eine starcke colique undt fieber dabey ahngestoßen; man hatt ist[1] umb 9 abendts zur ader gelaßen. Sie leydt noch sehr, hatt noch daß fieber, aber sie ist doch beßer, alß sie geweßen; den ihr leib hatt sich geöffnet. Es geht eine abscheüliche gall von I. L., welches die schmertzen wirdt verursacht haben. Sie [ist] doch nun, gott lob, wider beßer. Aber in dießem augenblick entpfange Ewer paquet mitt dem talckschächtelgen, finde es perfect artlich; es fehlt nichts, alß das Ihr vergeßen, dabey zu setzen, waß es kost. Schreibt mirs! darnach werde ich mich richten, umb mehr zu bestellen oder nicht. Dancke sehr, liebe Louisse, vor die mühe, so es Eüch gekost. Nun komme ich wider auff Ewer erstes liebes schreiben, welches ich ein wenig in eyll beandwortten, umb desto eher ahn daß frischte zu kommen. Ich muß lachen, daß man Eüch weiß gemacht, daß der[2] printzes von Nassau-Siegen bey dem cardinal de Noaille[3] ist. Daß kan ohnmöglich sein; den der cardinal hatt nicht einmahl von seinen niepcen in seinem hauß; er mag sie vielleicht in ein closter gesteckt haben. Aber ich versichere Eüch, daß, wo sie auch sein mag, so wirdt der cardinal nicht verhindern, daß sie ihrer mutter ihr contrefait schickt. Ich habe hir kein wordt davon gehört, daß ihre dochter zu Paris ist; werde den cardinal davon sprechen, wen ich ihn sehen werde. Wie kompts, daß man so severe zu Franckreich[4] ist undt nicht leyden will, daß man carneval dort helt? Es ist ja allezeit der brauch geweßen, sich in der zeit zu divertiren. Sie solte singen wie im opera von Atis:[5]Que l’on chante, que l’on danse!
Rion[s] tous, puisqu’il le faut!
Ce n’est jamais trop tost,
Que le plaisir commance.
On trouve bien tost la fin
Des jours de rejouissance;
[212] On a beau chasser le chagrin,
Il revient plus tost, qu’on ne pense.
Ob man zwar hir in trawer ist, wardt man doch nicht daß endt von der trawer, umb die spectaclen zu sehen, man nimbt nur die ersten tag in acht. Es ist woll war, die[6] deß alter groste freüde ist, in ruh zu sein; daß spüre ich auch. Aber ob ich zwar daß daß dantzen nicht liebe, wirdt mir doch nicht übel, wen ich dantzen sehe. Die große regel macht die nonen lang leben, wen ihnen die verzweyffelung undt melancolie nicht ahnkompt, nonen zu sein. Closter, unter unß gerett, seindt nichts anderst, alß ein übel regirtes landt undt verwirtter hoff. Daß temperament thut auch viel zu der melancoley. Bin stoltz, daß Ihr, liebe Louisse, mein raisonement gutt gefunden. Hiemitt ist der erste brieff völlig beantwort; ich [muß] nun meine pausse machen, habe schon 5 brieff ahn meine enckel von Lotteringen undt die hoffmeisterin geschrieben, drumb schreib ich jetz[t] so wenig.