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Paris den 24 Aprill 1718, umb 1 v[i]ertel auff 8 morgendts (N. 70).
Hertzallerliebe Louisse, gestern abendts umb 8 habe ich Ewer
liebes schreiben vom 12 dießes monts, no 30, zu recht entpfangen,
finde, daß unßere brieff nun gar richtig gehen. Gott gebe, daß es
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bestandt mag haben! Da kont Ihr gar gewiß festiglich auff bawen,
liebe, liebe, daß Ihr ohne unüberwindtliche ursachen nicht ohne meine
schreiben sein werdet. Ich förcht, noch wünsch den todt nicht;
ich weiß woll, daß es einmahl sein muß, wen die stunde wirdt
kommen sein, die mir gott bestimbt hatt, undt daß sie sich alle tag
herzu nahet, indem ich schon alt bin undt alle tag älter werde,
also sicher, daß es nicht gar lang mehr wirdt werden konnen. Gott
bewahr mich nur vor langen kränckellen undt großen schmertzen!
Im überigen mag es gehen, wie gott will. Gar vergnügt in der
weldt zu leben, ist ohnmöglich. Man findt ordinarie allezeit waß, so
einem mißfalt. Aber waß will man thun? Es ist die weldt, es muß so
mitt drunter lauffen, unßer herrgott wirdt nichts neües vor mich
machen, wie unßere liebe undt s. churfürstin alß pflegt zu sagen.
Bin Eüch doch sehr verobligirt vor alle gutte wünsche, so Ihr mir
thut. Die gewiße person, wozu ich hoffnung habe, daß sie sich
beßern wirdt,
[1] hatt gar ein gutten verstandt, gutt hertz undt
gemühte, hette also gutte hoffnung zu ihrer beßerung, wen sie nicht
mitt gar zu bößer geselschafft umberingt were. Sie hatt auch von
der mutter seytten tanten undt baßen, so ein dolles leben führen.
Die mutter geht nur mitt fantasien umb, einen tag hast sie ihre
dochter, ohne zu wißen, warumb, einen andern tag aprobirt sie
alles, es mag gutt oder boß sein. Daß macht mich forchten, daß
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die gutte resolution, so man dieße ostern gefast, keinen bestandt
werden haben undt der teüffel in daß gekehrte hauß wider kommen
wirdt mitt 7 boßen geister, arger, alß der erste war, wie in dem
evangellion
[2] stehet. Suma, man hort undt sicht viel unahngenehme
sachen, so ich wegen vieller umbstanden nicht endern kan undt mir
doch zu hertzen gehen. Mein dochter ist nicht lang genung hir
geblieben, umb daß ihr gutt exempel durchdringen könte. Man
hatt mich gefragt, wie ich mein dochter so woll erzogen hette. Ich
habe geantwort, ihr allezeit mitt raison zu sprechen, ihr erweißen,
warumb ich eine sache gutt oder übel finde, ihr keine erlaubte lust
zu wehren, aber nie ohne ihre hoffmeisterin undt unter hoffmeisterinen
dießen ernstlich zu befehlen, nicht zu leyden, daß weder mans-,
noch weibsperson, welche es auch sein mag, nie ein wordt heimblich
mitt ihnen reden mag, sie nie durch bößen humor zu zürnen, suchen,
so viel mir möglich, ihnen kein böß exempel zu weißen, die tugendt
vor ihr zu loben, die laster in gemein zu schelten undt abscheü
davor zu weißen, vor mein dochter den hoffmeisterinen undt
cammermagten befehlen, mir allezeit zu sagen kommen, waß vorgeht,
zu trawen,
[3] alle die wegzujagen, so dißem befehl nicht
nachkommen würden. Auff dieße weiße habe ich meine dochter erzogen,
daß, gott lob, ihr ruhm weitt undt breydt erschalt. Aber man muß
nicht dencken, daß man ein kindt ohne mühe erziehen kan; also
muß man vigilland undt nicht faull darbey sein. Ob dießes
[4] discours
denen gefahlen, glaube ich nicht; den man würde serieux undt
descontenancirt drüber. Aber warumb fragt man mir, waß man nicht
wißen will? Daß meine sentiementen von frembten hir solte[n]
auffgenohmen werden, daß pretendire ich nicht, ich wolte nur von
meines sohns kinder; vor meiner dochter kinder bin ich nicht in
sorgen, sie erzicht sie woll. In Teütschlandt hatt man daß gutt,
daß man die personnen, so übel leben, sehr veracht; daß thut man
hir nicht genug undt daß macht die junge leütte glauben, daß, wen
alte predigen, daß es nur geschicht, weillen sie grittlich sein, undt
daß, wie sie jung wahren undt lustig, es ebenso gemacht, daß es
ihnen nicht ahn der reputation schadt, weillen man sie ebenso woll
tractirt, alß andere, so woll gelebt haben undt vor beßere
geselschafft helt; daß verdirbt alle junge leütte hir. Von den
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hohenloeischen freüllen will ich heütte nicht[s] sagen, den ich habe eyll,
wolte noch gern dießen morgen ahn mein dochter schreiben, ehe
ich in kirch undt hernach zum könig gehe, abschiedt zu nehmen,
weillen ich biß mitwog nach St Clou werde. Undter unß gerett,
die beyde fürsten von Nassau sein nicht gescheydt, haben schüß,
haben dolle einfall. Der jüngste hatt seine gemahlin einmahl in
die Bastille gesetzt; wie er sie wider herauß undt zu sich nehmen
wolte, sagte [sie], [sie] wolte lieber all ihr leben gefangen bleiben,
alß mitt ihm zu leben. Sie ist eine Mally
[5] von geschlegt, deß
marquis de Nesle schwester, eine dolle humel. Es geschicht den
Teütschen recht, von ihren weibern mesprissirt zu werden; warumb
nehmen sie frantzösche weiber? Ich admirire Ewere gedult, Eüch
so mitt den schonburgischen affairen zu plagen können, mir were
es durchauß ohnmöglich. Wen auch mein leben drauff stünde, so
könte ich es nicht thun, finde es gar zu langweillig undt
verdrießlich. Es ist woll zu glauben, daß alles beßer geht, wen eine person,
wie Ihr seydt, daß aug drauff hatt; aber wen man mir meine mühe
so wenig danck wüste, alß der duc de Schonburg Eüch bezeüget,
liebe Louise, konte ich mich nicht dazu resolviren. In
[6] finde nicht,
daß die königin in Preüssen übel schreibt, sie schreibt treühertzig
undt scheindt ein gutt gemüht zu haben. Wen daß ist, finde ich
alles gutt, also könt Ihr dießer königin woll mitt warheit versichern,
daß ich gar woll mitt ihren brieffen zufrieden bin. Daß Ihr , liebe
Louisse, Ewer brieffe veracht, ist eine coquetterie, umb sie zu loben
machen; den Ihr wist selber woll, daß Ihr woll schreibt. Umb
Eüch dieße coquetteri[e] abzugewehnen, will ich nichts drauff sagen,
daß solle Ewe[re] straff sein. Wir haben gantz undt gar nichts
neües hir, werde also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich
Eüch adieu von Paris sage. Biß donnerstag werde ich Eüch von
St Clou schreiben, wilß gott, undt auffs neü versichern, daß, wo ich
auch sein mag, Eüch von hertz[en] lieb hehalte.