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Brief vom 22. Mai 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


917.


[267]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 22 May 1718 (N. 78).
Hertzallerliebe Louise, ob ich zwar noch kein frisches schreiben von Eüch erhalten habe, so fange ich doch schon ahn, zu schreiben, damitt ich mein versprechen halte undt keine post verseüme. Mein ordinarie courir, den ich alle tag nach Paris mitt meinen brieffen schicke, ist noch nicht wider kommen, mögte mir woll dießen nachmittag etwaß von Eüch bringen, worauff ich gleich antwortten werde, so baldt ich es werde entpfangen haben; den mein[e]r dochter brieff ist schon fertig undt noch ein ander brieff vom lotheringischen hoff. Man sagt, wir werden madame d’Orleans heütte hir haben; aber sie bleibt ordinarie nicht lang undt kompt gar spät, also wirdt sie nicht ahn Ewer schreiben hindern. Man hatt heütte meinem sohn zur ader gelaßen, aber nur auß precaution; den er befindt sich, gott lob, woll; aber weillen wir im frühling und Mayen sein, meint man, daß es ihm woll bekommen wirdt. Gestern undt vorgestern hatt man mich ruhen laßen undt keinen grünen safft zu schlucken geben. Heütte aber hatt man wider ahn[ge]fangen, hatt mich 5 großer mahl purgirt. Ich war schon naturlicher weiß starck einmahl zuvor gangen, also heütte schon 6 mahl den bauch braff gelehrt. Der safft aber benimbt mir gantz undt gar den apetit. Man sagt, es würde wider kommen, wen ich wer[d]e auffgehört haben, den safft zu nehmen; daß wirdt zu endt dießes monts sein. Wir werden sehen, waß drauß werden wirdt. Es ist nun zeit, daß ich mich ahnziehe undt in kirch gehe.
Sontag, umb 5 abendts.
Ich habe, wie ich auß der kirch kommen, viel brieffe entpfangen, von der printzes von Wallis, von Eüch, liebe Louisse, von der königin in Spanien, so zu Bajonne ist, undt noch zwey andere. Aber da ist meine calesche undt daß schönste wetter von der welt ist, [268] muß ein wenig spatziren fahren, den daß bekompt mir woll. So baldt ich wieder kommen werde sein, werde ich auff Ewer liebes schreiben vom 10 dießes monts, no 37, andtwortten, aber nun gehe ich spatziren.
St Clou, umb halb 8 abendts.
In dießem augenblick komme ich von der promenade, liebe Louise, undt will auff Ewer liebes schreiben andtworten, so viel mir möglich sein wirdt, biß madame d’Orleans kompt. Ich erinere mich noch gar woll, waß der Romer ist;[1] den ich bin vor dießem zu Franckfort geweßen. Ich habe Eüch schon geschrieben, daß ich nicht purgirt bin worden, undt die ursach; drumb sage ich weitter nichts davon. Madame d’Orleans ist ahnkommen undt wir spillen hoca; daß hindert nicht, daß ich Eüch noch ein wenig entreteniren werde. Mein sohn hatt heütte mein exempel gefolgt undt zur precaution zur ader gelaßen. Aber daß hoca estour[dier]t[2] mich, daß ich wie eine narin schreibe; den ich habe Eüch schon heütte morgen gesagt, daß mein sohn zur ader gelaßen hatt. Daß geraß von den kugelen, die man im sack schudelt, macht einem den kopff so doll, daß man weder hört, noch sicht. Vom aderlaßen werde ich nichts mehr sagen. Aber da kompt man mir sagen, daß es ein viertel auff 10 ist. Ich muß zu nacht eßen. Ein ander mehr[3] werde ich Euch mitt mehren bericht versichern, daß ich Eüch von hertz[en] lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. Mai 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 267–268
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0917.html
Änderungsstand:
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