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Brief vom 13. Oktober 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


958.


[405]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

St Clou den 13 8br 1718, umb 6 uhr morgendts (N. 18).
Hertzallerliebe Louisse, ich muß Eüch heütte in großer eyll [406] schreiben; den ich werde umb 10 uhr nach Paris undt umb halb 10 in die kirch, muß mich also umb ein viertel auff 9 ahnziehen. Ich werde von hir geraht ins closter, von dar erst ins Palais-Royal zu madame d’Orleans, hernach werden wir eßen, nach dem eßen werde ich den hundt sehen, so sprechen kan, umb halb 4 zum könig, I. M. dantzen zu sehen, hernach werde ich wieder ins Palais-Royal in eine neüe commedie, so andere seilldantzer spillen werden. Ich fürchte aber, es wirdt nicht so gutt sein, alß die vor 8 tagen; den der dieße troupe regirdt, hatt bey weittem nicht so viel verstandt, alß der ander, der auch in der that ein rechter commediant ist. Biß sontag, wo mir gott leben undt gesundtheit verleydt, werde ich Eüch sagen, wie es abgeloffen ist; nun aber komme ich auff Ewer liebes schreiben vom 27 7br, no 75. Mich deücht, unßer comerse geht nun gar richtig. Wegen kranckheitten bin ich woll außer sorgen vor meinem sohn, liebe Louisse, aber nicht wegen der bößen leütte, so wütticher sein, alß dolle hundt. Ich fürcht, ich fürcht, es wirdt entlich kein gutt thun, dancke Eüch aber doch sehr vor Ewere gutte wünsche. Ach nein, madame de Dangeau hatt gar nicht zu sorgen, daß ich zu ihr werde eßen gehen. Es ist nicht der brauch undt etwaß gantz extraordinarie, daß ich zu dießer damen eßen gehe; den sonsten eße ich nicht bey niemandts, alß woll in 10 jahren einmahl bey der duchesse de Vantadour.[1] Also war es daß gar nicht, sondern nur, daß sie scheü ist undt sich von niemandts will sehen laßen. Mademoiselle de Vallois[2] hatt sie dießmahl abgescheücht; sie will niemandts von der maison royale sehen, alß mich, sie fliehet die duchesse de Berry eben so sehr, alß ihre schwester, mademoiselle de Vallois. Daß ist ihr einiger fehler, daß sie die alte zot[3] vor eine frome, gottsfürchtige dame helt, die doch ein teüffel ist. Aber daß thut ihr guttes gemüht, sie kan undt will nichts übel gedenken von einer damen, die sie liebt undt allezeit woll mitt ihr gelebt, ob sie ihr zwar wenig guts gethan hatt, den sie hette sie sollen zur duchesse machen. Es hatt mich alß gejammert undt recht verdroßen, wen ich so viel duchesse habe sitzen sehen, so nicht einmahl gutt von adel sein, undt madame Dangeau stehen, die doch von so gar gutten gräfflichen hauß ist. Weiß nicht, wie die arme fraw es hatt außstehen können; ich glaube, daß macht [407] sie trawerig. Es muß ein verhengnuß im heürahten sein; den es ist nicht zu erdencken, wie man einer graffin von Leüenstein den Dangeau geben hatt, so gar nichts erhobenes ist. Ich werde heütte meinem sohn vor den obersten Schwartz sprechen undt Eüch biß sontag die andtwordt berichten. Ich fürchte aber sehr, sie wirdt nicht gutt; den gelt bey hoff ist gar eine rare sach; 1000 liff seindt nun schwehrer dort zu fünden, alß zu deß konigs s. zeitten 2mahl so viel. Es geht klein her, wie der wolff sagt, so schnaacken fraß, wie die fraw von Rotzenhaussen alß pflegt zu sagen, undt man kan mitt warheit von unßerm könig sagen, daß er ein armer könig ist. Es ist doch gewiß, daß ich den baron Görtz sehr estimire undt ihm gern hirin dinnen wolte; könt ihn doch zum vorauß negst[4] meinem gruß versichern, daß ich mein bestes dazu thun werde. Ich habe gestern ein brieff von der printzes von Wallis bekommen vom 6 Oct./25 7br. Die sagt kein wordt von dem diebstall, so man dem printzen soll gethan haben; glaube also, daß es eine lügen ist, wie man offt in den zeittungen setzt. Mylord Stair[5] ist wider kranck worden, mögte woll endtlich die hautt hir laßen, wie auch der arme h. Zachman; dem hatt man vorgestern die ponction gethan,[6] den seine waßersucht ist gantz formirt; sein arm weibgen jammert mich von hertze[n,] sie that nacht undt tag nichts, alß weinen. Ihr habt zu viel mitt Ewere kopffschmertzen geschrieben. Die princes des Ursin[7] ist zu Genua undt nicht in Spanien, aber wider in gnaden. Daß ihr buckellichter bruder vor sie spricht, ist billig. Es ist schadt, daß der cardinal de la Trimouille[8] ihr bruder, wie auch der duc de Narmoustie,[9] den beyde seindt ehrliche mäner undt keine boßewicht, wie die schwester, so ein lebendiger teüffel ist. Diß ist die rechte jahrszeit, wo die flüße regieren, wundert mich also nicht, daß Ihr mitt behafft seydt. Madame de Berry funde ich gestern auch mitt einem braffen schnupen. Wolte gott, liebe Louisse, es were kein großer unkrautt auff erden, alß Ihr! so würde ich ruhiger sein, alß ich bin. Da schlegt es ein viertel auff 9, ich muß mich ahnziehen. Heütte geht die großhertzogin, der muß ich noch adieu sagen. Sie kompt sontag wieder. Entschuldigt [408] die fehler in dießem brieff! Ich kan ihn nicht überleßen, nur noch sagen, daß ich wolte, daß es bey mir stünde, Eüch zunehmen zu konnen machen undt conserviren, würde Eüch gar gewiß nicht außgetten;[10] den ich behalte Eüch all mein leben von hertzen lieb, liebe Louise!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Oktober 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 405–408
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0958.html
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