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Brief vom 17. November 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


968.


[437]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

St Clou den 17 9br 1718 (N. 29).
Hertzallerliebe Louise, die post hatt mir gestern gefehlt. Ich habe nichts von [Euch] bekommen. Die boße wegen, so nun sein, mögen vielleicht den courir auffgehalten haben, hoffe aber noch, dießen nachmittag waß von Eüch zu bekommen. Dieße gantze woche ist nichts kommen. Ihr mögt vielleicht, liebe Louise, in sorgen sein wegen deß accident, so ich Eüch verzehlt, so mir sontag begegnet, seydt aber in ruhen! Ich bin ein wenig matt, habe mich aber gar nicht übel davon befunden. Daß hatt ein groß lermen zu Paris gemacht; man hatt gesagt, ich hette all mein bludt verlohren. Ich fürchte, daß man diß in Teütschlandt schreibt undt Eüch damitt erschreckt, drumb sage ich Eüch selber, liebe Louise, wie es mitt mir ist; also last Eüch nicht erschrecken! Wir haben gar nichts neües hir. Dießen nachmittag werde ich dießen brieff außschreiben, nachdem ich spatziren werde gefahren se[i]n.
Donnerstag, den 17 9br, umb ein viertel auff 8 abendts.
Wie ich heütte noch ein wenig fortschreiben wolte, ist I. L. die großhertzogin kommen, abschiedt von mir zu nehmen, wirdt nicht wider kommen, ist lang bey mir geblieben. Darnach habe ich mich ahnziehen müßen, in die kirch gehen undt hernach ahn taffel; nach dem eßen bin ich in kutsch nach Madrit au bois de [438] Boullogne.[1] Da hatt man mir Ewer liebes schreiben vom 5 dießes monts gebracht. Aber waß mich recht wunder nimbt, ist, daß Ewer letz[t]es von Heydelberg vom no 84 dattirt ware, aber dießes nur von no 8. Ich weiß nicht, waß daß ist; Ihr müst daß chiffre 5 vergeßen haben. Dem seye aber, wie ihm wolle, so will ich doch ahnfangen, drauff zu antwortten. Bin froh, daß Ihr woll secht, daß ich keine post verfehle. Ich sage nichts mehr von den schreiben, so mir von Eüch, liebe Louisse, gefehlt hatt; den Ihr werdet nun schon auß meinen nachfolgenden ersehen haben, daß mir keines mehr von den Ewern mehr fehlt. Nein, liebe Louisse, Ewere liebe schreiben geben mir zu viel vergnügen, umb zu consentiren konnen, daß Ihr mir nur einmahl die woch schreibt; bitte Eüch derowegen fortzufahren, mir zweymahl die woch zu schreiben. Schreiben thut mir nicht wehe. Ich liebe daß spiel nicht, ich haße daß arbeytten; also, hette ich nichts zu schreiben, wüste ich nicht, waß ich ahnfangen solte, den ich kan keine stundt gantz müßig sein, ohne bittere lange weill zu haben. Folgt Ewer … hertzliebe Louisse, undt seydt weytter in keinen sorgen, last Eüch hirin nichts irren! Undt damitt Ihr desto mehr in ruhen sein möget, so verspreche ich Eüch, liebe Louise, daß, sobaldt ich den geringsten schwindel, vapeurs oder kopffwehe im schreiben verspüren solte, kurtz abzubrechen. Alle Ewere liebe brieff von Heydelberg habe ich nicht allein alle zu recht entpfangen, sondern auch gar exact drauff geantwortet habe. Daß ich meine schulden zahle, bedarff keine dancksagung; da ist nichts mehr auff zu sagen. Man ist hir so charmirt von den talckbildern, daß ich Eüch sehr bitte, mir noch ein par zu schicken, werde sie wider mitt gelt undt ein nagelneü porte-lettre bezahlen, werde es aber hir nicht auff Teütsch sagen, den es kompt zu doll herrauß. Die kleine Louis d’or seindt die neüen müntzen, über welchen daß parlement so gerast hatt, seindt deßwegen curieux zu behalten undt daß mag woll die ursach sein, warumb der oberst Neutort es gern hatt haben wollen. Ihr habt viel fürstliche personnen auff Ewer reiß begegenet. Der landtgraff wirdt gewiß zu Ilvesheim über den Necker nach Manheim gangen sein. Von Manheim hatt er Neckerau auff der rechten handt gelaßen undt bey dem creütz nahe vorbey, so Friederich der sieghafft hatt auffrichten [439] laßen, wofern es noch stehet, undt wo er die 3 fürsten, Baden, Württenberg undt Saltzburg, geschlagen. Man [kommt] durch den walt, wo so viel danen[2] sein. Mich deücht, ich würde den weg noch woll finden können. Wie ich sehe, so ist daß Capuciner-closter in der vorstadt. Ist es vielleicht ahnstatt der lutterischen kirch, weillen es nahe bey dem herrngarten ist? Wo mir recht, so hatt die fürstin von Ussingen 2 geistliche bruder; der eine ist bischoff von Dornick in Flandern, der ander fürst von Murbach. Von welchen von dießen beyden ist sie gereist? Es ist mir leydt, daß Ihr dieße gutte geselschafft nicht mehr zu Franckfort habt. Die leütte, so man recht lieb hatt, haben nicht von nöhten, poßirlich, noch kurtzweillig zu sein, umb gern bey ihnen zu sein. Umb mitt den, so poßirlich, aber coquet sein, umb mit zu gehen können, muß man nichts glauben undt ihr geplauder nur zuhören. Es ist nichts zu fürchten, den ihr übel steckt nicht ahn, in Ewerm alter insonderheit; so machs ich auch, liebe Louisse, ich leyde allerhandt leütte. Daß ist auch gar gewiß, daß man allezeit viel mehr boßes von den leütten spricht, alß in der that wahr ist. Churtrier thut woll, sich in keine gefahr mehr zu [be]geben. Une flame mal esteinte est aysé a ralumer. Es fehlt hir niemandts rechts, also kan die frantzösche dame nicht viel [sein.] Man hatt jetzt fürsten undt graffen in Teü[t]schlandt, wo ich zu meiner zeit mein leben nichts von gehort habe, alß zum exempel die graffin Waaßenheim, da habe ich nie von gehört. Aber es wirdt spät, ein ander mahl werde ich Ewer liebes schreiben vollig beantwortten, nun aber nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
P. S.
Seyder ich aufgehört, zu schreiben, habe ich die durchleüchtigste welt ein wenig durchloffen, aber sie ist nicht von 1716, wie Ihr gemeint, sondern nur von 1710.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. November 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 437–439
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0968.html
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