Seitenbanner

Brief vom 23. März 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1003.


[067]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Paris den 23 Mertz 1719, umb 3/4 auff 3 nachmittags (N. 70).
Hertzallerliebe Louise, ehe ich heütte morgen in die fastenpredig gangen, habe ich ahn Churpfaltz, die fraw von Zachman undt monsieur Harling geantwort; den weillen dieße brieffe kürtzer, alß die Ewerigen, sein, habe ich sie erst außgemacht, den mitt Eüch, liebe Louise, mach ich kein façon noch ceremonien, wir seindt einander zu nahe. Aber da kommen unßere damen undt sagen, daß die kutschen kommen sein; ich muß zur großhertzogin. Es ist jetz[t] halb 9 undt wir kommen auß dem opera, wo wir hin sein; so baldt wir von der großhertzogin kommen, seindt wir hin. Weillen es daß letzte, so ich in 3 wochen sehen, undt mademoiselle nicht ohne mich ins opera darff, alß habe ich ihr dießes nicht abschlagen wollen. Gestern habe ich Ewer liebes schreiben vom 11, no 20, [empfangen], aber Ihr kont woll gedencken, liebe Louise, daß ich ihn heütte nicht beantwortten werde können; die hinternüßen fehlen in keinen landt, le diable au contretemps hatt überall sein spiel. Mich deücht, unßere brieff[e] gehen nun zimblich just. Meine gesundtheit ist, gott lob, noch gar gutt. Es ist unglaublich, wen ich Euch den detail schreiben solte, wie falsch undt undanckbar mitt meinem sohn umbgangen [wird], daß Eüch die haar drüber zu berg stehen solte[n]. Da segt Ihr, wie hoch mein sohn undt ich gottes hülff undt gutte gebetter von nohten haben. Baldt, baldt werdtet Ihr alle die dolle sachen erfahren; den man wirdts ahn tag geben. Ich bin gewiß, Ihr werdet erschrecken, wen Ihr es leßen werdet. Bey meines sohns gemahlin muttert sichs erschrecklich. Ich hoffe, biß sontag, da ke[i]n opera sein wirdt, Eüch einen großen brieff [zu] schreiben; aber nun muß ich enden, nur noch sagen, daß ich meinem sohn der fürstin von Ussingen brieff geben. Sie wirdt durch mein schreiben ersehen haben, waß vor einen bestandt es mitt der sachen hatt, sage also weytter nichts. Ich bin sehr in sorgen vor ihre fraw schwester, die madame Dangeau; den sie hatt ein starck fieber, [068] einen fluß auff der brust undt auch schnupen, liegt zu bett. Adieu, hertzliebe Louisse! Es verdrist mich recht, daß ich gleich enden muß undt vor dießmahl nichts mehr sagen [kann], alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte, liebe Louisse!
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 23. März 1719 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 4 (1877), S. 67–68
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d04b1003.html
Änderungsstand:
Tintenfass