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Brief vom 13. Juli 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1034.


[173]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.

St Clou den 13 Julli 1719 (N. 2).
Hertzallerliebe Louisse, ich habe ich[1] schon vergangen sontag bericht, wie fro ich geweßen, nach etlichen tagen rechten sorgen vor Eüch endtlich durch Ewer liebes schreiben vom 27 Juni, no 51, zu vernehmen, daß Ewer hauß, worinen Ihr wohnt, gott der allmächtige undt Eüch so gnädig von dem abscheülichen unglück deß fewers undt brandt errettet undt beschützet hatt, wovor ich gott dem allmächtigen von hertzen gedanckt habe. Ich hoffe, heütte noch zeittung von Eüch zu bekommen undt ein mehrers zu vernehmen. Nichts ist erschrecklichers, alß eine statt brenen zu sehen; ich habe es schon vielmahl gesehen. Daß trawerige geleütt, so man darbey thut, macht die sach noch traweriger undt abscheülicher. Hir heist man es le tocsin; ich weiß nicht mehr, wie man es in Teütschlandt heist. Es ist ein[e] große charitet von Eüch, liebe Louise, die arme fraw von Gemingen salvirt zu haben. Allein es ist mir doch ein wenig forcht ahnkommen, zu gedencken, daß Ihr Ewere pferdt weggeschickt undt daß, wen der windt (wie leicht geschehen kan) gewendt hette, so hettet Ihr desto größer gefahr würdet gehabt haben, kein wagen, kutsch, noch pferdt mehr zu haben, Eüch zu salviren. Es muß ein schlechter ahnstalt zu Franckfort sein gegen dem brandt, daß man nicht hatt helffen können undt 500 heüßer verbrandt sein. Zu Strasburg ist beßer order. Mich verlangt also noch sehr nach Ewere liebe schreiben wieder; hoffe, dießen nachmittag eines zu bekommen, den es ist nun erst halb 12. Mein courir ist noch nicht mitt meinen brieffen kommen. Alle arme leütte, so verunglückt sein, jamern mich von hertzen, wie auch die armen storcken[2]. Die storcken haben mich offt zu Heydelberg amusirt, wen ich ihnen zugesehen auff die camin von der [174] statt; drumb seindt sie mir lieb[3]. Ich finde in itzigen zeitten die thier raisonabler, alß viel menschen. Ich glaube, es wirdt endtlich ein wetter heütte geben; den es ist so schwül warm, daß man nicht dawern kan. Man solte zu Franckfort von den pumpen haben, wie man in Hollandt hatt undt auch eine bey dem theatre im dicken thurn zu meiner zeit war undt man jetzt auch hir hatt. Daß wer gar nohtig; den es lescht daß feüer geschwindt. Aber ich muß nun eine pausse machen undt mi[c]h ahnziehen. Dießen abendt werde ich dießen brieff enden. Wir haben nun gar nichts neües hir. Unßere troupen haben St Sebastien in Spanien belagert. Daß die Spanier in Schodtlandt geschlagen sein, werdet Ihr, liebe Louise, schon gehort haben.
Donnerstag, den 13 Julli, umb halb 5 nachmittags.
Es ist heütte eine so unaußsprechliche hitze, liebe Louisse, daß man sich nicht rühren kan. Nach dem eßen hab ich in meiner cammer 2 Frantzoßen gefunden, die von Lotteringen kommen; ein jeder hatt mir einen brieff von meiner dochter bracht undt von meinen 5 enckeln, ihre kinder. In vollem leßen bin ich bey dießer hitze entschlaffen, welches leicht geschicht. Wie ich erwacht, ist mein courier ahnkommen undt hatt mir Ewer liebes schreiben von 1 dießes monts, no 51, bracht. Mich deücht, ordinarie seindt die brieffe nicht so lang unterwegen undt kommen den 9 tag ahn, undt dießer brieff ist 13 tag unterwegen geweßen. Ihr sagt kein wordt mehr vom brandt; also muß wider alles still davon sein. Dießen brieff werde ich vor die sontagspost sparen, wo mir gott leben undt gesundtheit verleyet. Ich komme wied[e]r auff Ewer erstes schreiben, wo ich heütte morgen geblieben war. Wo man die pfaffen walten undt regieren lest, geht es allezeit grob her. Ihr habt mir in dießem brieff woll versprochen, die andere post den wirwar zu gangen[4], so man in der Pfaltz auff die allmoßen gesetzt; aber in dießem letzten brieff sagt[5] Ihr kein wordt davon gesprochen; hoffe also, daß Churpfaltz von sich selber alles gutt wirdt gemacht haben. Gott gebe es! Hirmitt ist Ewer liebes schreiben vollig beantwortet, bleibt mir also nichts mehr überig zu sagen, alß daß ich Eüch all [175] mein leben von hertzen lieb behalte undt noch gott dancke, daß er Eüch so gar gnädig vor den brandt beschützt hatt.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Juli 1719 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 4 (1877), S. 173–175
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d04b1034.html
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