Seitenbanner

Brief vom 21. September 1719

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1054.


[246]
St Clou den 21 September 1719 (N. 22).
Hertzallerliebe Louisse, dießes ist heütte die 3te post, daß ich kein schreiben von Eüch entpfangen. Es fengt mir ahn recht angst zu werden; den es ist nicht möglich, daß Ihr nun nicht wider zu Franckfort seydt; fürchte alß, daß Ihr, liebe Louise, nach dem Schlangenbaadt kranck zu Geissenheim geworden seydt. Ich habe noch ein wenig hoffnung auff dießen nachmittag. Ich bin gestern zu Paris geweßen, habe aber gar nichts neües dort erfahren. Der arme Coursillon, madame de Dangeau sohn[1], ist so übel, daß man schir keine hoffnung hatt, ihn zu salviren[2]; den man sagt, daß, weillen er nur ein bein [hat][3], können sich die blatter nicht genung außdenen undt gehen im kopff, werden also den transport[4] verursachen undt ihn so in jene welt bringen. Gott wolle ihm gnädig sein! war abscheülich desbeauchirt. Mademoiselle de Clermont, so auch die kinderblattern hatt, solle so woll sein, alß man in dem standt sein kan. Madame de Vantadour hatt mein docktor, monsieur Teray, salvirt mitt ein quinquina[5], so er ihr hatt prepariren laßen. Mademoiselle de la Rochesurion, so selbe kranckheit, wie madame de Vantadour, gehabt, ist noch nicht außer gefahr, hatt daß fieber noch. Daß ist alles, waß ich weiß. Gott gebe, daß dieses schreiben Eüch in volkomm[en]er gesundtheit ahntreffen mag! Ich werde mein brieff erst dießen abendt zupitschiren; entpfange ich etwaß von Eüch, [247] werde ich noch berichten. Mich verlangt auch, zu erfahren, ob Ihr mein contrefait, so ich heütte 14 tag geschickt[6], zu recht entpfangen, Seydt versichert, liebe Louisse, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalte!
St Clou, den donnerstag nachmittag.
Die post ist kommen, aber nichts von Eüch, liebe Louisse! Daß setzt mich recht in sorgen. Der Würtzau schickt mir die gazetten, aber kein wortt dabey, wo Ihr hinkommen seydt. Ich kans nicht begreiffen; spilt unß vielleicht der postmeister auß despit ein tour[7], der gar nicht artig ist? Alleweill erfahr ich, daß die arme madame Dangeau gestern abendts ihren eintzigen sohn verlohren[8]; sie jamert mich woll von grundt der seelen. Aber wen ich nur gutte zeittung von Eüch hette! Ich kan mir nicht einbilden, waß auffhelt, daß Ewere schreiben nicht überkommen. Ich bin woll versichert, daß es Ewer schuldt nicht ist. Gott verleye nur, daß Ihr gesundt sein möget, liebe Louisse! so werde ich zufrieden sein. Ich habe gedacht, ob Ihr vielleicht Ewere reiße nach Englandt ahngetretten habt, wie mans in Englandt gesagt hatt. Wen es daß ist, gebe Eüch gott eine so glückliche reiße, alß die vorige verdrießlich geweßen!
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. September 1719 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 4 (1877), S. 246–247
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d04b1054.html
Änderungsstand:
Tintenfass