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Brief vom 15. Februar 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1097.


[050]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den 15 Februari 1720 (N. 64).
Hertzliebe Louise, mein gott, wie habe ich heütte einen fatiganten tag! Heütte morgen hab ich von halb 8 biß umb halb 4 viel brieff geschriben, ahn hertzog von Lotteringen, ahn mein dochter wegen affairen, die gar verdrießlich sein. Ich hatt durch einen courir geschrieben, den sie mir geschickt hatten. Dieß ist nicht so baldt wider abgefertigt worden, so ist ein neüer courier ahnkommen mitt [einer] handt voller paprassen[1] undt lautter verdrießliche sachen; die will ich aber erst nach dem opera leßen. Aber damitt ich wider auff meinen recit komme, so habe ich heütte morgen noch ahn Churpfaltz geschrieben undt auff zwey brieff von monsieur Harling geantwortet. Hernach habe ich mich ahngezogen, bin zum könig gefahren[2], hernach wider her, in kirch, hernach ahn taffel. Nach dem eßen ist ein courir kommen vom hertzog von Lotteringen; der hatt mir große paprassen gebracht. Hernach bin ich in kutsch undt zur hertzogin. Da komme ich her; aber da rufft man mich, umb ins neü opera zu gehen; ich habe es versprochen[3]. [051]
Donnerstag umb 10 uhr abendts.
Mein gott, wie habe ich ein langweillig opera gesehen! Es hatt bey 4 stunden gewehrt. Nun muß [ich] schlaffen gehen; daß opera hatt mich gantz eingeschläffert, daß ich schir nicht mehr weiß, waß ich sage. Ein ander mahl hoffe ich beßere gelegenheit zu finden, Euch einen großen brieff zu schreiben; aber vor dießmahl muß ich schließen. Gutte nacht, hertzallerliebe Louisse! Ich bin recht gritlich, habe 5 oder 6 verdrießliche sachen im kopff, eines ist immer ärger, alß daß ander. Es mögt ein[e]r zum narr[e]n werden, zu sehen, daß keine raison mehr in der weldt zu finden undt die weldt wie vertrehet ist undt gantz verkehrt. Adieu, liebe Louisse! Ich muß wider willen auff[hören], nur noch sagen, daß Ihr mein bößes exempel gefolgt undt Ewern letzten brieff nicht chiffrirt hatt; solte no 9 haben. Ich mag lustig oder gritlich sein, so behalte ich Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Februar 1720 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 5 (1879), S. 50–51
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d05b1097.html
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