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Brief vom 11. April 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1112.


[112]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den 11 April 1720, umb 7 abendts (N. 83).
Hertzallerliebe Louise, es ist just eine stunde, daß ich von Chelle[s] kommen bin; habe hir einen gar großen brieff von mein dochter entpfangen, den ich geleßen. Hernach ist der printz von Durlach herein kommen undt nach ihm die zwey schwestern, mademoiselle de Bouillon undt madame de Monbasson[1]. Daß alles zusamen hatt mich bißher von schreiben abgehalten. Ich komme auff Ewer liebes schreiben vom 23 Mertz, no 24. Es kan mich alß verdrießen, wen man meine schreiben 2 undt 2 auff einmahl gibt; aber daß ist nicht zu endern. Aber ich bin doch froh, daß Ihr secht, daß ich keine post verseüme, undt werde auch keine verseümen. Weillen sie Eüch ahngenehm sein, liebe Louise, werde ich Eüch, so lang ich lebe, keine fehlen laßen. Ach, liebe Louisse, [113] daß ist die welt; man ist selten, ohne waß verdrießliches zu haben. Ihr werdt keine mühe haben, zu errahten, waß mich offt gritlich macht; den Ihr seydt auff dieße meine sprüng jetzt gantz abgericht, raht also leicht, waß mir fehlt. Golt-gelt solle man nicht mehr in Franckreich sehen[2]. Aber mitt dießen maniren solle der könig alle seine schulten bezahlen undt reich werden. Gott gebe, daß alles gutt thun mag! Ich verstehe eben so wenig dieße sach, alß Ihr, liebe Louise! Unßere printzes von Modene solle gar lustig auff ihrer reiße sein; sie thut gar kleine tagreiße[n], umb die ahnkunfft zu verlengern. Zu ihrem glück ist eine von ihren damen, so ihre fraw mutter ihr mittgeben, todtkranck geworden, die marquise de Simianee[3]. Dießen pretext hatt sie genohmen, umb sich lenger a la Palisse auffzuhalten, undt einen expressen hergeschickt. Madame la princesse de Modene hatt mir nur einmahl geschrieben, seyder sie weg ist. Heütte ist es just ein mont, daß I. L. verreist sein; hatt mir nur von Fontainebleau geschrieben den 3 tag nach ihrer abreiße. Sie schrieb mir, sie begehre mein amitié, worauß[4] ich geantwordt: Il n’y a rien de si aissés. Rendes-vous heureusse en tous apliquand bien a vos devoirs! Et vous seres tres assurée de mon amitié. Seyder dem hatt sie mir nicht mehr geschrieben, aber sie lest mich grüßen durch die courir, so sie herschickt. Unßere hertzogin von Hannover wirdt nicht woll gar große kundtschafft mitt ihrer neüen enckellein machen; den sie wirdt gar baldt nach ihrer ahnkunfft wirdt unßere hertzogin wider[5] her nach Paris [114] kommen. Bey mir were es ohnmöglich, daß pfaffen mich regieren konten; ich halte zu wenig auff sie. I. G. s. unß[er] herr vatter pflegte alß zu sagen: Es wirdt nie woll in der welt hergehen, man jage den erst 3 art von charlatans weg, nehmblich pfaffen, dockter undt advocatten. Ich blamire[6] zu sehr die, so sich pfaffisch halten undt ihren maximen folgen, umb selber in dießen fehler zu fahlen. Alle die neüburgische kinder seindt bitter jamerlich erzogen worden. Alles, waß die keyßerin Eleonora gethan, seindt lautter pfaffen- undt nonen-einfähl. Die großhertzogin fragt nach nichts, ist allezeit lustig; sie fragt wenig nach ihre kinder; verstandt hatt [sie], aber auff ihrer art. Ich bin sehr in gnaden bey ihr, ich habe sie auch recht lieb. Sie will, eher sie ins baadt zicht, noch zwey tag zu mir nach St Clou kommen. Mein schreiben ahm landtgraffen von Darmstat hatt kein eyll; wen er nur damitt zufrieden ist, ist alles gutt. Dem papst verdrist unerhort, daß er nichts mehr über die constitution zu zancken hatt; mögte noch woll neüe handel ahnfangen. Der könig hatt sich über den streydt von der constitution so erzürnt, daß es I. M. ahm leben geschadt hatt undt erst ahn der gesundtheit; hatt es selber gesagt. Hiemitt ist Ewer liebes schreiben vollig beantwortet; bleibt mir zur[7] noch überig, zu sagen, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. April 1720 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 5 (1879), S. 112–114
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d05b1112.html
Änderungsstand:
Tintenfass