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Brief vom 2. Mai 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1118.


[133]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.

St Clou den 2 May 1720, umb 7 morgendts (N. 89).
Hertzallerliebe Louise, vor 3 tagen habe ich Ewer liebes schreiben vom 16, no 31, gar woll entpfangen. Ich werde Eüch aber heütte nur ein klein stündtgen entreteniren; den umb 8 werde ich in kirch undt gleich drauff zur ader laßen, nur auß precaution, weillen es nun ein gantzes jahr ist, daß ich nicht zur ader gelaßen habe. Dießen abendt werde ich Eüch berichten, wie es abgangen, nun aber nur in eyll auff Ewer liebes schreiben andtworten. Mich deücht, daß sich die post nun zimblich woll wider einricht. Gestern fuhr ich nach Paris, besuchte Marton, welche zwar woll wider ist, kan aber keinen fuß vor den andern stellen. Von dar fuhr ich zu madame la princesse. Ich erschrack, wie ich I. L. sahe. Sie setzt mich recht in sorgen, sich[t] gottsjammerlich auß. Wen sie die augen zuthäte, solte man meinen, sie were todt; ist doch zimblich lustig darbey. Ohne sterben kan man nicht übeller sein, alß Marton geweßen. Mein dochter ist, gott lob, nicht schwanger undt nun wieder zu Luneville, werden nicht herkommen. Man nimbt den pretext, daß sie einen verdrießlichen proces zu Paris haben, aber die warheit ist, daß die zott[1] schwanger ist. [134] Daß habe ich meisterlich in Franckreich gelernt, mitt leütten umbzugehen, welche ich weder liebe noch estimire; also hatt es mir nicht mehr mühe gekost, sie zu sehen, alß andere. Die heydelbergische burger seindt desto mehr zu beklagen, daß der pfaffen undt devotten haß ohne endt ist. Ich glaube nicht, daß Churpfaltz doch thun wirdt, waß er threühet[2], weillen die pfaffen, insonderheit die Jessuwitter, ihre rechnung nicht dabey finden werden. Manheim ist nicht so ungesundt, alß man sagt. Ich bin ja lange jahren dort geweßen undt nie kranck worden; man muß aber dabey Heydelberger waßer drincken. Meine arme landtsleütte jammern mich von hertzen. Ich bin fro, daß I. L. der landtgraff von Darmstatt mitt meinen brieff zufrieden geweßen. Hiemitt ist Ewer schreiben vollig beantwortet. Waß unßere amitié [betrifft], so kan man sagen: Cela va sans dire. Ich wünsche, daß Eüch die assambléen woll divertiren mögen, undt damitt mache ich meine pausse, den dießen abendt werde ich, wie schon gesagt, sagen, wie meine aderläße abgangen.
Donnerstag, den 2 May, umb halb 8 abendts.
Umb Eüch, liebe Louise, eine exacte relation von meiner aderlaße zu thun, so bin ich umb 8 in kirch, von dar vor halb 9 hatt man mir zur ader gelaßen, woll der[3] paletten; zwey wahren voll undt die beyde teller umb die paletten gantz voll, man kan also auff 3 gutte paletten zehlen. Gleich nach der aderlaß hatt man mir eine schall waßer zu drincken geben; hernach hab ich meinen arm hübsch in mein nachtsrock [gesteckt], hab kupfferstückbücher[4] hollen laßen undt gantz still undt ruhig besehen biß nach 11, da hab ich mich ahngezogen; umb halb eins bin ich zur taffel, habe mehr durst gehabt, alß hunger. Nach dem eßen habe ich Ewer liebes schreiben vom 20 April, no 32, sambt den 2 landtgartten[5] von der belagerung in Norwegen, wo der arme könig in Schweden[6] geblieben ist, wie auch die kart von der waßersnoht [empfangen]. Beyde haben mich 2 gutter stundt amussirt, dancke Eüch, liebe Louise, von hertzen davor; so sachen divertiren mich. Ich wolte [135] Eüch von hertzen gern lenger entreteniren undt auff Ewer liebes schreiben andtwortten, aber man will, daß ich nach bett solle, muß also nur mein ey nehmen undt mich außziehen, undt, wie die teütsche commedianten sagen, müst Ihr vor dießmahl hiemitt vorlieb nehmen, wir wollens ein andermahl beßer machen. Ich bin ein wenig matt von meiner aderläß, muß also schli[e]ßen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Eüch, ich mag starck oder schwag[7], wie nun, sein, doch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. Mai 1720 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 5 (1879), S. 133–135
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d05b1118.html
Änderungsstand:
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