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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 4 Julli 1720 (N. 6).
Hertzallerliebe Louisse, es ist schon 10 uhr geschlagen. Ich
habe Ewer liebes schreiben erst entpfangen dießen abendt umb 5,
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wie ich spatzirn gefahrn. Es war daß schönste wetter von der welt.
Ew[e]r liebes schreiben ist vom 22 Juni, no 48, aber biß sontag, wo
mir gott leben undt gesundtheit verleyet, werde ich eine exacte
andtwort drauff thun; dießen abendt aber ist es zu spat. Ich habe
auch einen großen brieff von der königin in Preüssen, der muß
auch biß da verschoben werden. Gestern bin ich nach Paris, habe
madame Dangeau im closter gesehen; sie ist woll, aber sehr mager.
Wir theillen unß also mitt den zwo schwestern. Ihr habt die fürstin
von Ussingen, ich madame Dangeau. Sie wirdt erster tagen
kommen, mitt mir zu mittag [zu eßen]. Ich habe, unter unß gerett,
ihre schöne sohns fraw erschrecklich geendert gefunden, hatte sie
in 6 oder 7 monaten nicht gesehen; ich glaube, daß es noch mehr
undt über daß gantze jahr ist, daß ich sie nicht gesehen. Da kompt
man mich plagen, umb nach bett zu gehen, muß wider willen
schließen; wolte lieber mitt Eüch plaudern, aber man plagt mich zu
sehr. Ein ander mahl will ichs beßer machen, nun aber nur
versichern, daß ich Eüch, liebe Louisse, von hertzen lieb habe undt
allezeit behalte.