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St Clou den 21 September 1720 (N. 29).
Hertzallerliebe Louise, ich habe Eüch schon vorgestern gesagt,
daß ich Ewer schreiben vom 7, no 70, entpfangen hatte, aber
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daß ich es heütte beantwortten werde, welches ich auch zu
thun hoffe. Alle posten gehen gar unordentlich; der printzes von
Wallis fehlen 2 von meinen schreiben; alles geht deß unterst zum
öberst. Es ist lang, daß ich in der welt bin; aber ich habe nie die
welt so wunderlich erlebt, alß ich sie nun sehe; daß verlaydt einen
alles undt macht einem gantz trawerig. Ich thue, waß ich kan, umb
mich zu erhollen; aber ich habe mühe, zurecht zu kommen, den es
ist mir allezeit waß ängstlich auff dem hertzen. Ich höre nicht daß
geringste geraß, so erschrick ich gleich undt meine, man bringt mir
eine böße zeittung; den Ihr werdet, liebe Louise, schon auß
meinem letztem schreiben ersehen haben, wie ich noch gar offt von den
bößen brieffen entpfangen, so mich so sehr ängstigen.
Sambstag, den 21 September, umb ein viertel auff 7 abendts.
In dießem augenblick komme ich von Madrit, wo ich viel spatzirt
habe, ob zwar daß wetter heütte bey weittem nicht so schön, alß
gestern, war ein gar starcker windt, undt wie ich wider in der
kutschen saß, ist ein kleiner regen kommen undt nicht gar warm
wetter. Aber ich habe es heütte morgen vorgesehen, habe
derowegen ein gutt damastkleydt ahngethan, also gar nicht kalt gehabt.
Ich komme aber, wo ich heütte morgen geblieben war, will aber
nichts mehr von so trawerigen sachen sagen, den es macht mich
nur trawerig undt Eüch auch; komme also lieber wider auff Ew[e]r
liebes schreiben. Der verlust von meinem brieff vom 7 Augusti,
no 7, ist woll der geringste undt schlegte
[1], so Ihr, liebe Louise,
Ewer leben thun könt. Gott bewahre Eüch vor größer unglück,
liebe Louise! Daß die post ist auffgehalten worden, davon haben
wir hir nichts gehört; daß will aber doch nicht [viel] sagen, den
ich bin allezeit, die [am wenigsten] weiß, waß vorgeht. Wir seindt
hir, alß wen wir in Indien wehren, wißen schir nichts von waß
vorgeht. Daß fewer, so im Louvre außgangen
[2], es solle vor ein
million holtz, bretter undt sonst sachen verbrendt sein; den neben
deß königs schreiners hauß war ein ebenist
[3] logirt, dem ist gar viel
schönne sachen verbrundt
[4], undter andern (undt welches ich ahm
meisten bejammmere) ein schranck von außerleßene küpfferstück
[5], so
vor eine gar große suma gelts verbrandt sein. Ich wolte, daß ich
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sie gehabt; den ich liebe die küpfferstück mehr, alß nie, habe auch
eine große menge; zu Paris habe ich einen gantzen schranck voll
von gar schönne stücker
[6]. Dancke Eüch sehr, liebe Louise, vor
alle Ewere gutte wünsche. Wen ich die leütte tugen[d]sam weiß,
wie Ihr seydt, liebe Louise, habe ich gutte opinion von ihren
gebetten
[7]. Ich habe dem kleinen secretarius Gravenbrock comission
geben, wieder auffs neü vor Eüch zu solicittiren, liebe Louise! Ich
bin, gott lob, gar nicht interessirt, undt wen ich nur habe, waß nur
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just nohtig ist vor mein hauß undt meine taffeln, bin ich schon
zufrieden. Ich kan Eüch woll mitt warheit versichern, daß, wen mein
sohn mir geben wolte, waß mir nicht zukompt, würde ich es blat
abschlagen; den ob der junge könig zwar ein großer könig ist, so
ist er doch ein kindt undt mein sohn sein vormündt, wolte also
nicht, daß man ihm sein leben vorwerffen könte, daß er von deß
königs gelter entwe[n]det hette, umb seiner mutter zu geben
[9]. Nein,
daß were mein stiehl gantz undt gar nicht; ich liebe nicht, waß nicht
billig ist. Ich kan offt nicht laßen, zu wünschen, daß monsieur Laws
nie in Franckreich kommen were. Gott verzey mirs! Ich weiß nicht,
waß ich davon dencken solle. Zu Paris seindt viel leütte, so
meinen, daß es ein ahngestelte sach ist undt daß feinde den Laws
ahngestelt haben, gantz Franckreich zu ruiniren. Aber last unß
von waß anderst reden! dieß ist zu betrübt. Ich habe leütte
gesehen, so wetten wollen, daß es in Englandt mitt der soudsée
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ebenso gehen [werde]; daß werden ein par jahr lehren.
Churpfaltz wirdt es nicht vor gott verantworten können, wie er mitt
seinen armen untherthanen umbgehet. Kranckheitten seindt jetzt
in der gantzen welt. Ich fürchte endtlich, daß die pest in allen
ortten kommen wirdt. Von dem hießigen wetter habe ich schon
geschprochen. Ich hatte mein leben nicht von Bibereich
[11] ahn Rhein
gehört. Itzstein
[12] kene ich auch nicht gar woll. Ich bilde mir
festiglich ein, daß die pest kommen wirdt, ist schon zu Marseillen
[13],
undt die Frantzoßen haben daß, sie nehmen keine precautionen in
nichts in der weldt. Freylich bin ich recht müde, von allen
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unglük zu hören. Aber es wirdt spät, ich muß schließen; den
monsieur Teray wirdt mich sonst zörnen. Heütte morgen habe ich
meine capittel leßen müßen, bin in gar lange gefahlen; den ich
habe den 116, hundert undt 17, 118 undt hundert undt 19 psalm
geleßen, die 3 letzten capittel in sant Lucas, daß erste von
evangellion sanct Johanes, daß hatt mich von 8 biß nach 10
auffgehalten; es wahren auch 4 capittel in 4ten buch Moses. Hernach habe
ich einen großen brieff in andtwordt ahn unßere abtißin
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geschrieben undt einen courier nach Chelle[s] geschickt, wo ich biß
donnerstag zu mittag eßen werde. Also habe ich Eüch heütte nicht
viel schreiben können. Biß zukünfftigen mitwogen werde ich auff
daß überige von Ewern lieben schreiben andtwortten, nun aber
nach bett gehen. Adieu, hertzallerliebe Louise! Ich wünsche Eüch
eine gutte nacht undt versichere Eüch, daß ich Eüch all mein
leben von hertze[n] lieb behalten werde.