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St Clou den donnerstag, 17 October 1720 (N. 35).
Hertzallerliebe Louise, ich fange heütte gar spätt ahn, zu
schreiben; den ich habe schon große arbeytten gethan. Die erste war,
in der Bibel zu leßen, welches ich gestern nicht habe thun können,
wegen meiner Parisser reiß nicht habe thun können; hernach habe
ich ein schreiben ahn Churtrier beantwortet, so ich vorgestern
entpfangen. Er schreibt mir, daß, weitt darvon, daß das schloß zu
Heydelbe[r]g solte rassirt werden, daß es Churpfaltz mitt der zeit
gantz wider repariren wolte. Gott gebe es! Zu Paris habe ich
eine betrübte zeittung erfahren, daß nicht allein 70/m. menschen
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zu Marseillen ahn der pest gestorben sein
[1], sondern auch daß
ToulIon von dießer heßlichen krankheit ahngesteckt ist. Ich fürchte,
es wirdt endtlich gar herkommen. Gott bewahre unß doch davor!
Den es ist etwaß gar abscheüliches. Wie ich nach Paris fuhr
gestern, hatten wir starcken windt; wie ich aber von Paris wegfuhr,
regnet [es] abscheülich, alß wen mans mitt küblen göße; es wehrte
aber nicht gar lang. Baron
[2] hatt in seinem stück gestern beßer,
alß nie, gespilt, war so vif undt lebentig in alles
[3] seinen actionen,
daß er, ob er zwar zukünfftigen mont in sein 70 jahr gehen wirdt,
schiene er kaum 30 alt [zu] sein. Es ist woll zu verwundern, wie
der mensch sein alter führen kan. Aber es ist auch zeit, daß ich
auff Ewer liebes schreiben komme von 1 dießes monts, no 77.
Ich habe heütte nachmittags noch eines von 5 dießes monts
entpfangen, no 78. Da werde ich heütte nicht andtwortten, sondern
es vor übermorgen sparen, wo mir gott leben undt gesundtheit
verleyet. Aber da leütt man ins abendtgebett; nach dem gebett werde
ich Eüch ferner entreteniren. Adieu, biß ein halb stündtgen
vorbey sein wirdt! Da komme ich wieder auß dem gebett undt es
hatt schon 6 uhr geschlagen. Nach Allerheylligen wirdt man umb
5 auß dem gebett gehen; daß wirdt dawern biß Ostern, da man
wider umb 3 viertel auff 6 ins gebett wirdt. Aber daß geht Eüch
wenig ahn, liebe Louisse, weiß auch nicht, warumb ich Eüch dießes
alber gespräch halte; weillen ich eben auß der capel kam, ist es
mir eingefallen. Es ist mir leydt, liebe Louisse, daß Ihr so einen
starcken schnupen habt. Man sagt, es seye gesundt; aber ich
gestehe, daß ich lieber daß fieber habe, alß den schnüpen; er ist mir
unleydt[lich], beklage also alle die, so es haben. Ihr hettet mir
nur ein par wordt sagen sollen; den nichts vermehrt die flüße mehr,
alß schreiben. Nichts ist gewißer, noch unfehlbarer, alß daß man
den schnupen undt husten unfehlbar bekompt, wen man warm hatt
undt eine kalte lufft einem in den rücken geht, insonderheit in den
nacken. Geschickt hundt zu sehen, wer eine rechte feste vor mich
geweßen; ich liebe sie gar sehr, findt leicht alles schön, waß sie
thun. Hertzog Goerg Wilhelm hatt mir einmahl ein hindtgen geben
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undt auß Ittallien gebracht. Die hieß Dindu, war gar artig, ein
tigerchen; daß kleydt man ahn, undt wens ahngezogen war, ging
es nie auff 4 füßen; wens müde war, setzt es sich undt lehnt sich
ahn der mauer ahn; daß trug auch brieff, ahn wem man wolte. Sie
starb zu Franckenthal, wie ich auß Hollandt undt von Utrecht
wider in die Pfaltz kam; koste mir viel threnen. Der post naredey
ist nun, Eüch allezeit 2 von meinen schreiben auff einmahl zu
geben. Vergangen jahr hatten sie daßelbe spiel mitt meinen schreihen
ahn die printzes von Wallis. Gott weiß, wie lang dieß werden
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wirdt. Wie ich auß Ewerm letzten, so ich heütte entpfangen,
ersehen, liebe Louise, so habt Ihr gar recht errahten, indem man
Eüch 2 briff auff einmahl gebracht hatt. Auff den reveüen gehe
ich nicht mehr; ging ich hin, müste ich weinen, den es würde mich
zu sehr erinern ahn den zeitten, wie ich alß mitt unßerm könig s.
auff die reveuen geritten bin. Man machts gewiß dem jungen könig
machen, wie der könig, sein uhralt herr vatter, in seinen reveuen
zu thun pflegte. Unßerm könig fehlt nich[t]s, gar artig zu sein, wen
er nur ein wenig mehr sprechen [würde]; es ist ein recht schön
kint undt hatt recht hohe minen. Ich habe noch ein par wort auff
Ewer liebes schreiben vom 28 September, no 76, zu antwortten.
Ich war geblieben, liebe Louise … Die fürstin von Ussingen, fürchte
ich, wirdt kein contentement bekommen; den in so sachen habe ich
kein exempel gesehen, daß sich der könig drin gemischt hette.
Nach Strasburg werden wir woll nicht. Ich wolte, daß wir hin
würden, umb den trost zu haben, Eüch noch einmahl vor meinem
endt zu ambrassiren. Ich fürchte sehr, die pest wirdt endtlich auch
herkommen. Bißherr ist die lufft noch gar gutt; aber solte die
pest in der nachbarschafft kommen, würde dieße gutte lufft nicht
zu trawen sein. Ich mogt von hertzen wünschen, so glücklich zu
sein, liebe Louise, daß [was] ich ahn daß kleine secretärgen
gesagt, einen gutten effect vor Eüch, liebe Louisse, thun möge;
den ich wünsche sehr, Eüch zu weißen undt versichern, wie daß
ich Eüch von hertzen lieb habe.