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Brief vom 14. November 1720

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1174.


[329]
St Clou den donnerstag, 14 November 1720 (N. 43).
Hertzallerliebe Louise, vergangenen samstag, alß die post schon weg war, ich will sagen, mein ordinarie courier, bin ich mitt zwey Ewern lieben schreiben auff einmahl erfrewet worden; den ich fing schon ahn, schir bang zu werden, daß ich in 3 posten nichts von Eüch gehört hatte. Aber nun ist es so woll ersetzt, daß ich dießen nachmittag wieder ein liebes schreiben von Eüch bekommen [330] vom 2 dießes monts, no 86; die andere zwey seindt vom 26 undt 29 October, no 84 undt 85, liebe Louisse! Weillen ich heütte ohnmöglich auff alle 3 zugleich andtwortten [kann], den es ist schon spät … Mein sohn hatt mich nach dem eßen eine vissitte [gemacht] undt hernach habe ich einen großen brieff ahn mein dochter schreiben müßen durch einen expressen courier, so dieße nacht wieder nach Lotteringen geht. Ich hoffe, doch noch, ehe ich schlaffen gehe, auff Ewer liebes schreiben vom 2 November, no 86, zu andtwortten; will mich tumel[n], so viel mir möglich sein wirdt. Wen die brieffe nur 24 stundt verseümen, undt wie alle die posten nun gehen, muß man nur gott dancken, wen die brieffe nicht verlohren werden. Mich verlangt sehr, biß Ihr Ewer paquet vom 26 October, no 38, entpfangt. Ich fürcht, daß regenwetter wirdt daß arme porte-[lettre] gantz verderben. Ich weiß dem gutten, ehrlichen landtsman Mathes[1] recht danck, daß es ihm erfrewet, wen er Eüch von meinen paquetten bringt. Ah, gott sey danck, daß mein porte-lettre ohne schaden überkommen! Ich bin aber ein nar, daß ich davon gesprochen, ehe ich Ewer liebes schreiben geleßen, worinen ich gefunden, daß Ihr es entpfangen. Frewet mich, daß es Eüch ahngenehm geweßen, liebe Louisse! Aber ich sehe woll, daß Ihr wenig romans lest, daß Ihr nicht gesehen, daß die zwey, so sich auff dem schiff schlagen, auß einem küpfferstück von dem roman von Cleopattre[2] ist, wo sich Artaban mitt einem piratte schlegt. Missisipi undt ich haben nie nichts mitt einander zu thun. Ich haß es wie den [teuffel]. Dieße bagatellen bedörffen keine dancksagung; den ich muß ja mein wordt halten. Habe ich Eüch den nicht versprochen, alle jahr eine kirbe zu schicken[3]? Undt weillen ich [331] weiß … Seyder etlich jahren, ich will sagen seyder 20 oder 30 jahren, hatt man demanden von allerhandt farben, blaue, rotte, gelbe, grüne. Erin[e]rt Ihr Eüch nicht, liebe Louise, daß ich dergleichen ahn unßere liebe churfürstin undt tante geschickt hatt[4]? Aber dieß kleine demantgen solle roht bleiben, wen es auß dem chaton[5] ist. Ob es war ist, weiß ich nicht; ist es nicht war, hatt es doch die farb woll ahngenohmen. Wen Ihr, liebe Louise, nicht reich werdet, alß durch die bagatellen, so ich Eüch geschickt, werdet Ihr, liebe Louise, woll arm bleiben. Ich trage meine kleine ring alle ahn der linken handt; aber ahn der rechten trage ich den gelben demandt von meiner lieben dauphine von Bayern, den sie mir im sterben vermacht hatt undt welchen ich ihr versprochen all mein leben zu tragen, woran ich auch nicht fehlen werde. Madame de Brancas wirdt, wilß gott, couriren, sie wirdt taglich beßer[6]. Freyllich muß ich alß duchessen zur dame d’honeur haben; ging es nach tugendt, were madame de Chasteautier gewiß die würdigste[7]. Der könig kan allein duchessen machen; auß[er] königliche metressen ist kein exempel, daß man eine ungeheürahte person zur duchesse gemacht hatt. So sachen gehen hir nicht ahn, liebe Louise! Da ist nicht ahn zu gedencken; zudem so wirdt madame de Brancas couriren. Aber es hatt schon 10 geschlagen, ich muß wider willen enden wegen meiner dochter brieff, so noch heütte zu Paris sein muß. Adieu den, lieb Louise! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt habe Eüch recht lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. November 1720 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 5 (1879), S. 329–331
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d05b1174.html
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