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Brief vom 13. Februar 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1201.


[015]
Paris den 13 Februari 1721 (N. 65).
Hertzallerliebe Louise, vergangenen sontag bin ich mitt zwey [von] Ewern lieben schreiben auff einmahl erfrewet worden vom 25 undt 28 Januari, no 7 undt 8, worauff ich heütte ordentlich pretendire zu andtwortten; will Eüch aber vorher sagen, daß ich dießen morgen ahn Churpfaltz geschriben undt in post[-scriptum] mitt dießen wortten gesetzt: Darff ich E. L. woll sagen, daß Dero befehl in nichts vor der armen[1] raugräffin gefolgt wirdt undt daß sie nichts von der cammer zu Heydelberg bekompt, welches die arme raugräffin in einem erbarmblichen standt bringt? Bitte, E. L. wollen ihr doch gnädig sein! Ich habe dießes geschrieben, damitt der churfürst sehen mag, daß dieße sach, so ich ihm durch den kleinen secretari habe recommandiren laßen … Gott gebe, daß es einen gutten effect thun möge undt Ihr Eüch woll dabey befinden möget! Nun komme ich auff Ewere liebe schreiben, fange bey dem frischten ahn. Man muß woll gedult faßen [bei demjenigen], waß nicht zu endern ist. Die post wirdt immer nach ihren fantasien gehen, baldt woll, baldt übel. Aber Ihr soltet Eüch doch in keinen sorgen gesetzt haben, liebe Louise, weillen gar nichts von Paris kommen, welches woll erweist, daß es pur der post schult ist, also nichts bößes bedeütten konte. Dazu ist eine sache sicher, nehmblich daß die böße zeittungen allezeit geschwinder gehen, alß die gutten; also were ich wider umbgeschlagen undt übel geworden, würdet Ihr es baldt erfahren haben, liebe Louisse! Ich bin noch matt undt schwach, aber, gott seye danck, nicht mehr kranck; ein alt weib aber, wie ich bin, kan sich nicht so baldt erhollen, insonderheit bey einem so rawen wetter, alß wir nun hir haben. Sambstag undt sontag undt montag hatt es starck geschneyet, undt seytter dinstag gestern undt heütte frirt es so erschrecklich, daß alles glat eyß ist. Ich [016] muß den frühling erwartten, umb wieder zu kräfften [zu] kommen, alles, wie gott will; ich ergebe mich gantz in seinen willen, er machs mitt mir, wie ihm gefelt, wie im lutterischen liedt stehet undt ich noch offt singe[2]. Churpfaltz hatt mir der erbprintzeßin von Sultzbach niederkunfft selber bericht. Hettet Ihr unßern winter, so wir nun hir haben, würdet Ihr Eüch nicht beschwehren, daß der winter zu schlegt ist. Ich muß nun eine pausse machen. Dießen nachmittag werde ich auff Ewer zweyttes schreiben andtwortten, nun aber muß ich mich ahnziehen undt in kirch gehen, nur in die capel hir gar nahe bey mein apartement, kan also ohne gefahr hin gehen.
Donnerstag umb ein viertel auff 2 nachmittag.
Mein gott, wie bin ich heütte eine geplagte seel! Ich habe nicht mitt ruhen zu mittag eßen können, hundert leütte seindt mir über den halß kommen undt vor mich eine betrübte zeittung. Printz Carl von Heßen-Philipsdhal ist hir ahnkommen undt will mitt aller gewalt in Franckreich dinen. Daß wirdt mir hundert verdrießliche sachen auff den halß laden. Mein gott, wie ist einer in dießer welt geplagt! Aber daß ist mein taglich brodt. Aber es ist beßer, daß ich auff Ewer zweyttes liebes schreiben komme, daß ich noch zu beantwortten habe. Man kan ohne sterben nicht krancker sein, alß ich geweßen. Ich hatte ein continuirlich fieber, mehr innerlich, alß eüßerlich; alle abendt umb 5 kam daß redoublement undt wehrte die gantze nacht, da ich wegen eines trockenen continuirlichen husten kein aug zu that. Alles war verstopfft in mir, ich konte weder zu stuhl gehen, noch pißen, noch speien, war aber doch content, weillen ich hoffte, daß es gottes willen sein würde, daß mein endt vorhanden sein würde; den ich bin deß lebens unerhört müde. Aber es ist gottes willen noch, daß ich weitter leyden muß, also nur schweygen undt leyden, wie ich bißher gethan, undt von waß lustigers reden. Mein sohn hatt mir gestern ein schön undt magnifiq pressent [gemacht], eine goltene schalle, so 500 louisdor wigt, so der könig Michel von Polen[3] hatt machen laßen. Sein contrefait ist in der mitte von der schal; die[4] königin, seiner gemahlin, contrefait ist undter der schal; inewendig seindt 3 reyen lautter antiquen [017] undt woll conservirte goltene medaillen undt außwendig hatt jede medaille ihren revers, es ist recht künstlich gemacht; bin gewiß, daß es mehr, alß 2 taußendt louisdor, gekost hatt. Man kan in dem stück nichts schönners sehen; waß mich aber ahm meisten dran erfreüet hatt, ist, daß es mein sohn mir mitt so gutten hertzen gebracht hatt. Es ist mir leydt, hertzliebe Louise, daß ich Eüch so viel ängsten eingejagt habe. Aber seydt nun zufrieden! Ich bin nun wieder woll undt werde alle tag beßer, also ist Ewer gebett erhöret worden. Ewer kranckheit, liebe Louise, hatt mich auch sehr in meiner kranckheit [beunruhigt], wie Ihr auß meinen kleinen brieffen ersehen werdet haben, liebe Louisse! Ey, liebe Louisse, kaufft keine medaillen! Den in golt habe ich neun hundert undt 2 große cabinetten voll; man kan mir also nichts schicken, so ich nicht [schon habe]. Septime Severe[5], so Ihr mir geschickt, habe ich mitt seiner gantzen famille in golt undt in Silber; bin Eüch doch sehr verobligirt vor Ewern gutten willen. Die medaille ist gutt, werde sie doch Ewertwegen behalten, liebe Louise! Die historie von dem comissarius favorit seindt gar gemein hir im landt undt gar offt seindt solche favoritten durch schlime ahnfäng zu ihrer fortune kommen; den es ist [etwas] abscheüliches, wie die wüsten desbauchen hir im landt im schwang gehen. So kranck ich auch geweßen, habe ich doch nie daß bett gehalten; den ohne schlaffen kan ich nicht im bett daueren. Habe ich kopffwehe, so vermehrt es mir undt macht mich fablen; habe ich keines, so gibt es mir kopffwehe, muß also, so kranck ich auch bin, auff sein. Hiemitt ist Ewer erster brieff auch ordendtlich beantwortet undt ich muß auch enden, den mein kopff ist noch schwach; werde also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Februar 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 15–17
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1201.html
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