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Brief vom 15. Februar 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1202.


[017]

A madame Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den 15 Februari 1721 (N. 66).
Hertzallerliebe Louise, die post tractirt mich wie Eüch; eine [018] post bekomme ich 2 schreiben auff einmahl undt die ander post bekomme [ich] nichts, wie Ihr auß meinem schreiben von vergangen[en] donnerstag werdet ersehen haben, da ich auff zwey von Ewern lieben brieffen zugleich geantwordet habe, so ich verwichenen sontag entpfangen hatte. Aber seyderdem ist nichts kommen; es wirdt woll erst morgen ahnkommen, worauff ich erst biß donnerstag andtwortten werde. Aber hiemitt genug von der post gesprochen! Waß man auch drauff sagt, ist woll unnöhtig; den es stehet nicht zu endern. Gestern führte mir monsieur Martine den printz Carl von Heßen-Philipsthal her; es ist ein herr von gar gutten minen, hatt auch ein hübsch gesicht undt spricht raisonabel undt woll; er will mitt aller gewalt in Franckreich dinnen. Ich habe ihm gerahten, erst herzukommen undt alles zu examiniren; den ich kan nicht glauben, daß, wen er sehen wirdt, wie alles hir ist, wie die frembten veracht werden undt zu nichts kommen können, daß er ferner lust haben wirdt, hir zu bleiben. Unterdeßen ist mir dießes eine last, wie Ihr leicht gedencken könt. Zu glauben, daß man hir nach meritten [behandelt werde], daß ist ein irtum; den die, so meritten haben, werden ahm meisten beneydt undt verfolgt; also preparire ich mich ahn nichts, alß verdrießliche sachen hiran zu erleben, aber daß ist mein täglich brodt. Aber last uns von waß anderst reden! dieß ist zu verdrießlich. Man spricht jetzt hir von nichts, alß von deß duc de la Force infamie undt wie er sich zum kauffman gemacht hatt[1]. Heüte wirdt seine sach im parlement gericht werden undt man glaubt, daß es gar übel vor ihm ablauffen wirdt; daß hatt er gar woll verdint. Man macht pa[s]quillen über pasquillen gegen ihm, sein leiblicher bruder ist gegen ihm. Er hatt ihm auch einen schlimmen possen gethan, er hatt ihm seine legitime[2] in billiet de banque geben, da er gewust, daß die billiet zu nichts mehr deügten. Suma, in allen stücken hatt dießer duc seine karchheit erwießen[3]. Heütte wirdt man hören, wie es ablauffen wirdt. Aber ahn dießem allem ist Eüch wenig gelegen, will also nur von meiner gesundtheit [019] reden. Die wirdt, gott seye danck, alle tag beßer; ich habe dieße nacht gar woll geschlaffen, undt wen ich ja alles recht sagen solle, so hatt sich mein bauch auch wider eingericht, werde also keiner medecin mehr von nöhten haben, welches mir ein großer trost ist; den ich haße alle die sachen abscheülich. Will nun meine pausse machen undt den nachmittag außschreiben undt mich nun ahnziehen.
Sambstag umb 4 abendt, 15 Februari.
Ich habe nicht eher wieder zum schreiben gelangen können, alß nun; den alle menschen kommen mich nun besuchen, nun man mich sehen kan; den so lang ich den kopff so gar schwach gehabt habe, habe ich niemandts sehen wollen; den ich were gewiß wieder kranck geworden, aber nun bin [ich], gott lob, wieder woll genung, umb alle menschen zu sehen. Da kommen wieder 2 tab[o]urets, die princesse d’Auvergne undt die duchesse de Roquelaure. Ah! da kompt unßere hertzogin von Hannover; ich kan also vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch, liebe Louise, von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Februar 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 17–19
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1202.html
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