[142]
Par Bruxelle et Bingen
A madame Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Geissenheim.
St Clou den 7 Juni 1721 (N. 98).
Hertzallerliebe Louise, heütte werdet Ihr ein gar klein
brieffgen von mir bekommen, den ich werde heütte umb 9 uhr nach
Paris. Ich hatte gestern gehofft, schreiben von Eüch zu
bekommen, aber es hatt mir gefehlt. Ich habe die teütsche zeyttung von
Franckforth bekommen, aber noch keine schachteln vom Nürnberger
pflaster. Wir haben nicht viel neües hir. Dem armen abbé de
St Albin ist gestern ein gutt benefice zukommen; ein abt, von dem
er coatjutter
[1] war, den abbé de Lionne
[2], hatt vorgestern nachts
der schlag gerührt, er ist gestorben; daß gibt dem abbé de St
Albin 35/m. francken einkommen deß jahrs. Ich gönne es dem armen
buben so woll; den von allen meines sohns unehlichen kindern ist
er, den ich ahm lieb[s]ten habe. Die andern halte ich nicht so
sicher meine enckeln, alß dießen, außer daß er größer ist undt
eine schönnere taille hatt, aber von gesicht gleicht er sehr ahn
Monsieur s. Damitt wirdt er nun woll zu leben haben; den er hatt noch
eine abtey, so ihm nicht viel weniger einträgt. Ich mogte ihm
lieber daß rotte käpel
[3] gönnen, alß der bößen crott
[4], dem
ertzbischoff von Cambray
[5]; würde ihm beßer stehen zu seinem jungen
hübschen gesicht, alß dem alten ertzbischoff. Habt Ihr ihn nicht in
Englandt gesehen? Aber ich plaudere daher undt muß enden, muß
mich ahnziehen. Adieu den, liebe Louise! Ich ambrassire Eüch von
hertzen undt behalte Eüch recht lieb.