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St Clou den 13 Augusti 1721 (N. 16).
Hertzallerliebe Louise, ich fange heütte ahn, zu schreiben,
den morgen gehe ich, mich zum h. abendtmahl bereytten, werde
wenig schreiben können, fange bey dem vom 2 Augusti ahn, no 58.
Bin fro, daß meine schreiben nicht verlohren [gehen] undt Ihr sie,
wiewoll unrichtig, doch endtlich entpfangt. Ihr segt woll, liebe
Louise, daß es eine rechte boßheit ist, weillen sie meine brieff
nach Franckfort schicken, ob ich zwar Brüssel undt Bingen drauff
gesetzt hatte. Daß ist billich, daß der herr Würtzau, Runkel
wolte ich sagen, seinen neüen herrn sehen [wollte]. Danckt ihn
von meinetwegen, mir so fleißig die zeittungen undt
pflaster-schachteln geschickt zu haben! Ey, liebe Louise, wen ich Eüch amitié
erweiße, bedarff es keine dancksagung; den daß ist mir gar zu
naturlich undt schuldigkeit dabey. Wir seindt ja einander nahe
genung, umb unß lieb zu haben. Aber da kommen alle meine
enckelen herein; ich muß eine pausse machen.
Mitwog umb halb 9 abendts.
Ich habe ein schreiben von unßerer hertzogin von Hannover
bekommen mitt einer comission von der keyßerin, habe also gleich
andtwortten müßen. Hernach ist mein sohn kommen, wirdt hir
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schlaffen undt drüben bei Churbayern zu nacht eßen, ich will sagen
in daß hauß, so Churbayern gehabt hatt. Drumb kome ich wider
so spät, zu schreiben, muß nach bett. Morgen hoffe ich Eüch ferner
zu entreteniren, aber nun muß ich schlaffen gehen. Eine
glückselige gutt nacht, hertzallerliebe Louisse! Ich bin heütte so sehr
geplagt worden, daß ich nichts mehr sagen kan, alß daß ich
wünsche, [daß ich] morgen keine verhindernuß wie heütte finden mag.
Donnerstag, den 14 Augusti, umb halb 5 abendts.
In dießem augenblick komme ich auß der kirch, liebe Louise,
undt will Eüch entreteniren, aber nicht ohne interuption, den da
finde ich die princesse d’Auvergne in meiner cammer. Gott
bewahre mich vor weittern interuption! Den da geht die printzes
d’Auver[g]n[e] wieder weg. Aber ich komme auff Ewer liebes
schreiben, wo ich gestern geblieben war. Daß seindt frantzosche
manieren, so baldt man alt wirdt, ob man zwar frisch undt gesundt
ist, muß man doch immer brauchen
[1]. Dießmahl hatt mich der
grüne safft nicht abgematt, aber man hatt mirs auch nur einen tag
geben; daß matt nicht sehr ab. Man kan sich, gott lob, nicht
beßer befinden, alß ich nun thue. Monsieur Chirac, meines sohns
docktor, ist ein wunderlicher man, sagt offt, waß er nicht gedenckt;
es ist nicht zu erdencken, waß einfäll er hatt. Die pest nimbt
nun, gott lob, sehr ab undt man hofft, daß [sie] endtlich einmahl
gantz ein endt nehmen wirdt. Daß schadt nicht, liebe Louise, daß
Ihr Eüch im schiffer verschrieben; ich habe es Eüch nur zu wißen
gethan, damitt Ihr Eüch wider recht einrichten könt. Freyllich ist
es nicht christlich, einen großen haß zu hegen; aber daß hatt man
hir, sie haßen einem nicht wegen daß übel, so sie entpfangen,
sondern wegen daß böße, so sie einem gethan haben; den sie
meinen, man seye so rachgirgich wie sie, undt deßwegen müßen sie
haßen undt daß wirdt nicht geendert. Ich weiß woll jemandt, den
ich nicht lieben kan, aber ich thue ihm kein leydts, daß ist der
neüe cardinal; aber er hatt mir mein gantz leben vergifft
[2]. Gott
wolle es ihm vergeben! Aber er mögte woll in jener welt davor
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leyden. Aber es schlegt 8 undt ich muß zu nacht eßen. Madame
la princesse ist her kommen , die hatt mich eine gantz[e] stundt
abgebrochen, will doch noch waß nach dem eßen sagen; den ich
eße gar geschwindt undt leyder wenig, man macht mich alß auff
meinen apetit abbrechen. Ich hette dießen abendt woll mehr geßen,
wen ich es gehabt hette. Aber last unß wider auff Ewer liebes
schreiben kommen! Es ist schwer, deücht mir, ein sach ohne haß
zu diffendiren; daß muß die gnade gottes clar thun, den es ist
nicht menschlich. Ist
[3] verstehe kein wordt von allen den affairen von
monsieur le Fevre, aber ich habe ihm gesagt, daß er mir sagen
solle, waß ich vor seinen affairen thun konte; werde es thun. Ich
habe ich
[4] vergangen montag daß paquet von graff Degenfelt in eygenen
händen gelieffert. Waß die rechten hir ahnbelangt, da weiß ich
kein wordt von; daß seindt mir lautter spanische dörffer. Es
war Monsieur s. oder, umb wahrer zu reden, seinen favoritten
so bang, daß ich mich in affairen instruiren solte undt
Monsieur die augen öffenen. Also hatte Monsieur s. in sein undt
mein hauß verbotten, daß man mir nichts lernen
[5] solte; weiß
also nichts von der welt von affairen undt bin zu alt jetzt, zu
lernen; alßo weiß ich nichts undt will nichts wißen. Wozu solt[e] es
mir gutt sein? Mein sohn ist alt genung, umb ahn seine affaire
zu dencken; er verstehet es auch gar woll; ich aber habe nichts
anderst zu thun, alß christlich zu leben undt suchen, seelig zu
sterben; daß ist all mein sach. Ich muß baldt abbrechen, den es
ist schon 9 geschlagen; will Eüch doch noch ein halb stündtgen
entreteniren. Den herrn graffen undt unßere niepce, seine
gemahlin, dancke ich sehr vor dero ahndencken undt wünsche, daß
sie einen sohn, der ein rechter Teütscher wirdt sein, zu
Geissenheim bekommen mag undt sich woll dabey befinden undt von der
gutten teütschen lufft fett mag werden. Es kan niemandts, wer
es auch zum poßen thun wolte, keine heßlichere, noch
abscheülichere moden vor mäner undt weiber erdencken, alß nun sein. Ich
ersch[r]ick offt, wen ich es sehe, meine, die leütte kommen auß dem
dollhauß oder auffs wenigst von dem bal en masque. Ewer …
hatt groß recht, die jetzige frantzoschen moden abscheülich zu
finden. Die graffinen von Zoettern seindt auffs neüe wider beyde
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todt-krank worden, wahren also vergangen[e] woche noch zu Paris.
Ob sie seyder weg sein, weiß ich nicht. Ihr seydt, liebe Louise,
so ahn affairen gewohndt, daß ich forchte, d[i]e zeit wirdt Eüch lang
wehren, nichts mehr zu thun zu haben. Außer wen ich, wie vor
dießem, mitt einem hudt undt surtout
[6] ahngethan bin, sonsten halte
ich nichts von regenwetter. Da schlegt es halb 10, ich muß enden.
Adieu! Ich ambrassire Eüch von hertzen. Bin fro, mich deß wegs
von Utrecht nach Bachera[c]h noch recht erinert zu haben. Ich habe
Eüch von hertzen lieb.