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Brief vom 20. September 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1263.


[231]

A madame Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.

St Clou den 20 September 1721 (N. 27).
Hertzallerliebe Louise, ich habe gehofft, daß Ewer verir[r]tes schreiben vom 3, no 65, sich wider finden würde, aber es ist noch nicht gekommen. Ich habe woll gethan, vergangen donnerstag Ewer liebes schreiben vom 6, no 66, nicht vollig zu beantworten, den sonsten hette ich heütte nichts zu sagen gehabt. Den seyder der armen großhertzogin todt habe ich gar nichts neües vernohmen. Wie alle trauern auff die helffte retranchirt sein, so wirdt unßere trawer auch nur 3 wochen dawern; den alß geschwisterkindt mitt Monsieur s. hette es 6 wochen wehren sollen. Aber genung hirvon, ich komme wieder auff Ewer liebes schreiben. Ich war geblieben, wo Ihr mir von der fürstin von Ussingen brieff sprecht. Ich habe ihn gleich nach Paris ahn madame de Dangeau geschickt; dießmahl aber werde ich die andtwort nicht schicken können, den mein courir hatt madame Dangeau nicht zu hauß gefunden, ist auff dem landt, wirdt aber in ein par tagen wider komen. Ich glaube also, daß, wo mir gott daß leben biß auff zukümfftigen donnerstag lest, daß ich Eüch alßden die antwort schicken werde. Dieß bitte ich Eüch, liebe Louise, der fürstin von Ussingen zu wißen zu thun undt ihr mein compliment zu machen undt zu sagen, daß sie mir keine [232] dancksagung schuldig ist, ihre brieff zu bestehlen[1], den ich mir selber gefahlen thete, wen ich einige gelegenheit finde, so ihr ahngenehm sein könte. Wie ich sehe, liebe Louise, so seydt Ihr eben so geschaftig, alß eine mauß im kindtbett, wie man in unßer lieben Pfaltz sagt. Umb ein kindtbett zu halten, da muß man raum haben; es würde Eüch aber ungemachlich fallen, wen Ewere niepce in ein anderes hauß, alß daß Ewerige, kindtbetterin werden solte. Reißen vor Eüch kan nicht ungesundt sein, aber ich fürcht, die schwangere fraw thut nicht woll, so herumb zu schwürmen, es ist gefährlich. Wo zu gegen ligt Altorff[2], liebe Louise? Sich mühe zu geben vor die, so man lieb hatt, ist mehr lust, alß qual, aber es gehört noch waß dazu, nehmblich daß die, so man dint, erkandtlichkeit davor haben undt sich danckbar erzeigen, welches in jetzigen zeitten rare sachen sein. Gott gebe, daß Teütschlandt dieße frantzösche mode nicht folgen mag! Es ist mir lieb, daß Ewern kindern mein ahndencken ahngenehm geweßen. Wen Ihr meint, daß es ihnen lieb ist, so macht ihnen wider meinen freündtlichen gruß! Umb daß kinder schön sein mögen, müßen sie fett sein; magere kinder seindt nie schön[3]. Die kinder mercken gar geschwindt, wer sie lieb hatt. Ich habe meine adresse auff Franckforth gleich gemacht. Ihr thut mir einen rechten gefahlen, mich zu wahrnen, daß Ewere bri[e]ffe von Altorff gar langsam gehen werden; sonsten würde ich in sorgen geweßen sein, wie ich schon in dießer wochen geweßen bin, ehe ich Ewer liebes schreiben vergangenen donnerstag entpfangen. Ich verfluche alle posten von dem ersten biß auff den letzten, sie seindt gar zu unleydtlich. Es ist nie so ellendt mitt der post geweßen, alß nun. Daß thut der pure geitz, Torcy will post-pferdt sparen, die post-meister wollen noch drauff gewinen, daß also jetzt alles in unordenung ist. Gestern war es woll daß schönste wetter von der welt, ich machte mirs zu nutz undt spatzirte braff zu fuß eine gutte stundt. Hirauß segt Ihr woll, liebe Louise, daß ich wieder gantz in perfecter gesundtheit bin, gott lob! Also seydt nur in keinen sorgen mehr meinetwegen, liebe Louise! Es ist zum endt jusques au revoir, den bey alten weibern, wie ich bin, die ihr 70 jahr lauffen, ist keine gar beständige gesundtheit [233] zu hoffen. Aber waß will man thun? Man muß sich woll in den willen gottes ergeben, in deßen schutz ich Eüch befehle, undt so lang mir der allmachtige daß leben lest, so sey[d] versichert, hertzallerliebe Louise, daß ich Eüch von hertzen lieb behalten werde!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. September 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 231–233
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1263.html
Änderungsstand:
Tintenfass