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Brief vom 8. November 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1277.


[266]
St Clou den 8 November 1721 (N. 39).
Hertzallerliebe Louise, gestern bin ich mitt Ewer liebes schreiben von 25 October, no 78, erfrewet worden, ist, wie Ihr segt, lang genung unter wegen geweßen. Ich muß mich eyllen, umb drauff zu andtwortten; den umb 9 werde ich in kutsch undt nach Paris fahren, muß mich alß umb 3 viertel auff 8 ahnziehen undt es ist schon nahe bey 3 viertel auff 7, aber doch noch finstere nacht. Es ist eine melancolische sache umb die kurtze tagen, seindt mir recht zu wieder. Ich kan die finsternuß nicht leyden; gott gebe, daß ich ein kindt deß lichts werden mag! Madame Dangeau hatt mir gestern ein zimblich groß paquet vor ihre fraw schwester, der fürstin von Nassau Ussingen, geschickt, aber umb Ewern beüttel zu sparen, will ichs nicht in Ewerem paquet thun, liebe Louisse, sondern ein coupert[1] drüber machen undt überschriefft undt es so auff die post schicken. Daß bohmische goltstück, so Ihr mir verehrt, ist viel rarer, alß wens eine medaille; den es ist von dem außwurffgelt[2], so bey deß königs in Böhmen, unßer groß herr vatter, cronung zu Prag ist gemacht worden, wie die konigin in Bohmen [267] schwanger von printz Rupert[3] war. Dancke Eüch nochmahlen sehr davor, liebe Louise! Es hatt schon seinen platz unter meinen golten stückern undt ich habe es bey deß konigs in Böhmen medaille [gelegt]. Diß stück kompt Eüch auffs wenig[ste] auß[4] 3 ducatten. Mein beüttel, liebe Louise, halte ich ein wenig beßer gespickt, alß den Ewerigen; ob ich zwar vor meinem standt nicht gar reich bin, so kan ich doch noch woll bagatellen kauffen, wie die, so ich Eüch schicke, liebe Louise! Man fangt nun wider ahn, mich zu bezahlen, die helffte ist meinem tressorie[5] schon geben worden. Da war ich nicht in sorgen vor, dachte woll, daß es mitt der zeit wider kommen würde. Ich bin nicht von denen leütten, so sich selber viel plagen undt über alles schwere gedancken machen; ich habe hir gelehrnt, mitt gedult viel zu erwartten. Es ist leicht zu errahten, warumb ich nicht eher bin bezahlt worden; gelt ist rar hir im landt, den die es haben, verbergen es. Es seindt viel mont im sommer, daß der konig selber kein gelt entpfanget; also daß, so der konig hatt, muste vor seine troupen undt eygen hauß gespart werden. Dazu muß ja nun eine suma von bar gelt fertig sein vor die reißen von die, so die junge infantin hollen sollen undt ihr hauß bestellen; daß ist nun daß nohtigste. Im October fangen deß königs ahnkunfften[6] wieder ahn, zu gehen, da bezahlt man wieder allgemach eins nach dem andern. Laws ist noch nicht in Englandt, er ist noch in Denemark. Es ist ihm bang, wie man sagt, vor dem bruder von dem, welchen er erstochen hatt; den er solle ihm greülich trawen[7]. Unßer liebe printzes von Wallis hatt mir deß comte de Rochester unglück verzehlt, sie haben die flame davon gesehen. Ich muß abbrechen, den da ist es zeit, mich ahnzukleyden. Adieu, liebe Louise! Seydt versichert, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. November 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 266–267
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1277.html
Änderungsstand:
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