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Brief vom 24. Januar 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1297.


[313]

A madame Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckforth.

Paris den sambstag, 24 Januari 1722 (N. 61).
Hertzallerliebe Louise, ich habe heütte viel zu schreiben ahn viel königliche personnen. Ich habe gestern viel brieff bekommen, einen vom könig von Spanien undt von 3 königinen, die 2 von Spanien, alß die regierende undt die verwitibte, so zu Bajonne wohnt, undt auch einen von 4 seytten von der gutten königin in [314] Preüssen. Aber ich fange bey Eüch ahn, liebe Louise, den ich will Eüch gewiß nicht ohne brieff laßen; den erstlich so habe ichs Eüch gar ernstlich versprochen undt zum andern so schreibe ich lieber ahn Eüch, alß ahn die königlichen personnen, den Ewer brieff kosten mir nicht die geringste mühe, liebe Louise! Ich sage Eüch alles, waß mir im kopff kompt, gantz ungezwungen undt daß ist gemächlich undt macht lust, zu schreiben. Ich habe daß von dem h. 3 konigstag, nehmblich vom 6 dießes [monats], no 2, noch nicht beantwortet, werde es heüt thun; den fange ich nicht bey Eüch [an], werde ich schwerlich bey ein[e]r ordentlichen andtwort gelangen können. Die nach[t] vom donn[e]rstag zum freytag habe ich zweymahl gemeint, ahn meinem husten zu ersticken. Gestern den gantzen tag bin ich auch gar übel geweßen, aber ich habe, gott seye danck, gar eine gutte nacht gehabt undt befinde mich heütte viel beßer, gott lob!
Sambstag umb halb 8 abendts.
Le diable au contretemps hatt heütte woll triomphirt, liebe Louise! Man kan nicht arger verstöret undt interompirt geworden sein, alß ich es heütte geweßen. Gleich nach dem eßen habe ich einen brieff von meiner dochter bekommen, so ich habe leßen [müßen], hernach einen von der jungen printzes de Conti. Wie ich den gleich habe beantwortten wollen, ist unßere hertzogin von Hanover herrein kommen undt lenger, alß eine gutte stundte, geblieben. Hernach ist monsieur le duc kommen, den habe ich auch entreteniren müß[en]. Nach ihm seindt duchessen kommen, die von Roquelaure undt die von Rohan, undt viel andere damen, madame de la Farre[1], madame de Bissi[2], madame Nancret[3], madame du Trevous[4], madame de Poitié[5], la maréchal[e] de Rochefort, madame d’Estrade[s]. Ich habe sie nicht alle behalten, aber ehe man ein par wordt ahn jede gesagt, geht viel zeit vorbey. Hernach ist mein sohn kommen, undt wie ich ihn den gantzen tag nicht gesehen, hab ich mich ein wenig mitt ihm amussirt, biß er in die comedie gangen, wo ich wegen meines husten nicht hingangen. O mein gott, da kompt noch die duchesse de Lauzun undt madame de Nonan[t] [315] herein; ich glaube, es wirdt heütte kein endt nehmen. Ich habe den damen declarirt, daß ich schreiben müße, weillen dießer brieff heütte noch fort muß, komme also auff Ewer liebes schreiben. Ah, da kompt noch eine gantze flotte von damen, madame de Gondrin, madame de Pont[6], madame de Tonner[r]e, die dochter von maréchal de Bezon[s], madame de Crusol[7], madame Dottancour[8], madame de Man, madame la grand prevauté[9] undt noch eine, deren nahmen ist[10] absolutte vergeßen. Aber daß schlimbste ist, daß dießes alles da umb mich herumb stehet. Mein husten undt schnupen ware[n] zu ende dießes vergangen jahr gantz vorbey, seyder 10 tagen aber ist es arger, alß vorher, wieder kommen, muß wider die kammer halten. Wie lang es wehren wirdt, mag gott wißen. Ich glaube, daß, wen kein so starcker frost eingefallen were, hette man mir vielleicht auch wieder den grünen safft schlucken machen. Gantz Franckreich undt insonderheit Paris hatt husten undt schnupen, man hort nichts, alß husten. Aber da kompt junker Went undt weist[11] sich, daß heist, daß mein nachteßen da ist, muß also alß eine kranke leben undt früh zu nacht eßen undt schlaffen. Adieu den, liebe Louise! Gott weiß, wen ich Eüch einmahl nach meinem sin werde schreiben konnen undt nach eine raisonablen taille von meinem schreiben versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 24. Januar 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 313–315
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1297.html
Änderungsstand:
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