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Paris den donnerstag, 29 Januari 1722 (N. 62).
Hertzallerliebe Louise, wie ich eben die feder genohmen, auff
Ewer liebes schreiben vom 13 dießes monts, no 4, zu andtwortten,
entpfange ich daß vom 17, no 5. Aber ich bin heütte so
unaußsprechlich verstoret undt interompirt worden undt 5 brieff habe ich
nohtwendig schreiben müßen, ahn unßer printzes von Modene, ahn
mein baß von Oldenburg, ahn madame Dangeau, ahn die fraw von
Lüls undt ahn den gutten oberstalmeister von Harling; derowegen,
weillen ich wenig zeit zu schreiben habe, werde ich dieß letzte nicht
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unterfangen, sondern nur auff daß von 13, no 4, andtworden, so
ich vergangen sontag entpfangen. Die fraw von Luls hatt mir ein
recht guttes undt nützliches pressent geschickt, nehmblich ein
fäßgen mitt gar gutten Allant-wein
[1] geschickt undt schonne calender.
Ich habe heütte den Alland-wein versucht undt weniger gehust, alß
die andere tage, schreibe es dem gutten Allant [zu], habe also woll
die gutte fraw davor dancken müßen. Die post hatt es resolvirt,
Eüch allezeit eine post zwey von meinen schreiben zu geben undt
eine andere post keines; werde aber nicht desto weniger alle posten
schreiben, liebe Louise! Ich habe Eüch heütte, gott lob, gutte
zeittung zu berichten; es ist, gott seye ewig danck, heütte der 4 tag,
daß mein enckel kein fieber mehr hatt undt hungert; ist
abscheülich, man hatt ihm heütte ein klein sübgen
[2] geben, hatt mich recht
gejamert. Der arme bub war so hertzlich fro, die sub zu sehen,
die ich woll ohne kotzen
[3] nicht hette eßen können, den es war
nur brodt in helle fleischbrühe; daß ist ein erbärmlich gefräß, aber
er findt es trefflich gutt. Meine gesundtheit ist seyder 14 tagen
sehr geendert; den wie ich Eüch schon bericht, so habe ich so
einen abscheülichen husten undt schnupen, daß ich noch nicht auß
der cammer gangen bin seyder 13 tagen. Ich hoffe, der
Allant-wein wirdt mich couriren. Ihr habt gar nicht woll gethan, mitt
Ewerm husten außzugehen. Diß jahr seindt viel leütte zu Paris
gestorben, weillen sie ihren husten negligirt. Wen die printzessin
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keine coquette ist, wirdt sie gar glücklich zu Turin mitt dem
printzen von Piedmont sein; den ihr schwiger fraw [mutter], die
königin in Sardaignen
[5], ist die beste undt tugendtsambste printzessin
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von der welt, mitt welcher es gar woll zu leben ist, wen man nur
raisonabel ist. Daß ist ein sortabler
[6] heüraht vor eine pfaltzgräffin,
aber ihres herrn bruders
[7] heüraht mitt der printzes d’Auvergne
ist die
[8] ridiculste, den man finden kan. Ich weiß nicht, wer ihn
dießes in kopff gebracht hatt. Die printzes von Ussingen hatt groß
recht, die sach nicht zu aprobiren. Die leütte seindt nicht reich,
der printz wirdt in allen stücken erdapt werden
[9]. Den wo nichts
ist, verliehrt ein pfaltzgraff eben so woll sein recht, alß der keyßer,
nach dem sprichwordt. Aber ich muß schließen. Ein ander mahl
werde ich von dem narischen prince de Conti sprechen. Daß war
nur lügen undt betrug, daß er sich krank ahngestelt; er deücht
nichts, ist ein buckelich närgen. Wendt weiß nicht, daß sein
bruder ein gutt kaufft; aber er schmelt, daß ich so spätt eße, den es
ist ein viertel auff 11. Adieu, liebe Louise! Ich ambrassire Eüch
von hertzen undt behalte Eüch recht lieb.