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Brief vom 11. April 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1319.


[368]
Paris den 11 April 1722 (N. 81).
Hertzallerliebe Louise, ich habe kein frisches schreiben von Eüch entpfangen, aber ich habe noch viel alte, so ich bißher nicht habe beantwortten können, alß nehmblich daß vom 21 undt 24 Mertz, no 22 undt 23; die hoffe ich heütte zu beantwortten, fange bey dem frischten ahn. Seyder meines sohns kranckheit kan ich mich nicht berühmen, daß mir der grüne safft so woll alß ordinarie zugeschlagen; den es ist mir eine lang[u]eur undt vapeurs überblieben, so mich, wie die arme Hinderson alß pflegt zu sagen, alles sehr schlapies bey mir macht. Ich hoffe aber, daß es über 8 tagen beßer mitt mir werden wirdt; den ich werde heütte über 8 tag zu St Clou, ob gott will, zu mittag eßen. Dieße gutte lufft hab ich in 4 monat nicht genoßen, bin nicht auß dießer boßen lufft kommen; daß contribuirt auch viel zu meiner unpaßlichkeit, es hatt mich auch erschrecklich abnehmen machen. Lenor, wie sie vor 8 tagen wider ahnkahme, war verwundert, mich so sehr abgenohmen zu finden. Daß ist aber gar kein wunder, den außer der schlimen lufft habe ich auch mitt me[i]nen 2 krancken, mein enckel undt seines herrn vattern kranckheit, viel angsten undt sorgen angestanden undt kein augenblick nicht gehabt noch gefunden, so mir die geringste verenderung oder vergnügen hette geben können. Mein ordinarie gewohnheit ist, nicht zu klagen; ich freß alles in mir ein[1], daß hatt mich mager [gemacht]. Waß mich aber woll nicht fetter machen wirdt, ist die aderlaß, so man mir trewet[2] daß man mir zu St Clou will verschaffen. Da bin ich ordinarie 3 wochen so matt von, daß ich mich kaum regen kan. Ich werde Eüch berichten, wie es abgangen. Mitt allem[3] festivitetten, so man hir gehalten, habe nicht ei[n]mahl daß schönste gesehen, so deß spanischen ambassadeurs, deß duc d’Ossonne[4], feüerwerck war. Man hatt mirs so schon beschrieben, daß es mir schir gereüet hatt, es nicht gesehen zu haben. Ich vertrawe sehr auff die gutte luff[t] von St Clou, umb mich wieder zu recht zu bringen. Wir haben seyder 3 tagen daß schönste wetter von der welt, alle gärtten seindt grün [369] undt voller blumen; mache mich eine rechte freütte[5], über 8 tag zu St Clou zu sein. Es ist so warm, daß ich dieße nacht recht geschwitzt habe. Gott gebe, daß diß schonne wetter dawern mag! Wie kan Churpfaltz leyden, daß sein[e] leütte so viel ungerechtigkeit ahnstellen? Daß felt doch alles auff ihm, solte es also nicht leyden, daß seine leütte solche ungerechtigkeit begehen. Ich weiß nicht, wie man jetzt in Teütschlandt geworden ist; den zu meiner zeit dachte man doch auff alles, waß gegen die ehre undt reputation ist, umb sich davor zu hütten. Aber da kompt madame la duchesse d’Orleans her, ich muß zum 3ten mahl eine pausse machen.
Madame d’Orleans ist lenger, alß eine glocken-stunde[6], dar geblieben. Es ist nun gar spät. Da bringt man mir Ewer paquet undt liebes schreiben von 4 dießes monts, no 25; aber da kan ich ohnmoglich heütte auff andtwortten. Ich habe vorgestern mich so erschrecklich eyllen müßen, wie ich mein briff geendtet, daß ich Eüch die betrübte zeittung nicht geschrieben, welche ich sicher bin Eüch betrüben wirdt undt mir woll von hertzen leydt ist, nehmblich daß vergangen Ostertags morgendts den gutten, ehrlichen monsieur le Fevre der schlag gerührt, ist in parellisie[7] gefahlen. Monsieur Teray, so alle tag zu ihm geht, meint nicht, daß er sein leben lahm wirdt bleiben, es wirdt aber lang wehren. Den kopff hatt er sehr net[8], aber der lincke arm ist ihm sehr lahm. Monsieur Teray hatt ihm gerahten, nach Achen zu gehen undt dort daß warme baadt zu brauchen, damitt er gantz couriren mag. Ich komme nun wider auff Ewer liebes schreiben, nur daß noch sagen, daß ich Ostertag woll erschrecklich erschrocken bin, wie ich monsieur le Fevres accident vernohmen. Den freytag undt sambstag ist er biß umb 10 abendts in meiner cammer geweßen, recht lustig. Wir haben mitt ihm vexirt, madame de Chasteautier[9] undt ich, sahe woll auß undt lachte von hertzen. Ich hette es mich woll mein leben nicht versehen, eine solche zeittung andern tag von ihm zu haben. Ich erwartte nur Ewere andtwordt, liebe Louise, ob Ihr wolt, das ich selber ahn Churpfaltz vor Eüch schreiben solle, oder ob Ihr es vor genung halt, daß ich dem kleinen Gräbenbrouch [370] davon sprechen solle. Mein sohn ist so accablirt von affairen, daß ich ihn gestern nicht zu sehen habe bekomen können; aber so baldt er ein wenig ruhiger sein wirdt, werde ich ihm die sach proponiren undt Eüch, noch ehe ich hir weg werde, die andtwort berichten. Da kompt mein seyder 14 tagen gewohnlich kopffwehe ahngestochen, muß wider willen schließen undt vor dießmahl nichts mehr sagen, alß wie daß ich Eüch, liebe Louise, biß ahn mein endt von hertzen lieb behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. April 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 368–370
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1319.html
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