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Paris den 18 April 1722 umb 7 morgendts (N. 83).
Hertzallerliebe Louise, nun ich meine schuldigkeit bey unßerm
herrgott verricht undt nachdem ich mein morgen-gebett gethan undt
hernach meine capittellen in der Bibel geleßen, will [ich] Eüch nun
entreteniren, biß es zeit wirdt sein, daß ich mich ahnziehe,
nehmblich umb halb 9, umb 10 werde ich in die capelle betten gehen,
hernach mein sohn adieu sagen undt gleich in kutsch, umb umb 12
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zu St Clou zu mittag zu eßen. Ob ich zwar Paris gar gern quittire,
so gehe ich doch mitt schwehrem hertzen weg; den erstlich laß ich
hir eine von meinen gutten freünd[inn]en, welche ich woll nicht
mehr sehen werde, nehmblich die alte marechalle de Clerembeau
[1],
die ist gar kranck worden ahn einem husten undt ist 87 jahr undt
5 mon[a]t alt, wobey wenig beßerung zu hoffen ist. Es ist eine dame
von großem verstandt undt schon 15 jahr bey mir, jammert mich
also recht von hertzen. Sie hatt ihren verstandt noch, wie sie gehabt,
alß ich herkommen, undt noch ein gutt undt schon
gedachtnuß, ist von gutter geselschafft, verliehre sie recht ungern. Daß
ist schon eines, so mich betrübt weg geben macht, aber über daß
so habe ich noch sonst viel verdrießliche sachen im kopff. Die
Frantzoßen seindt woll undanckbare leütte
[2]; denen mein sohn ahm
meisten gutts gethan, werden jetzt seine argste feindt undt erweißen
es auff alle weiße. Daß angstet mich recht undt nicht ohne ursach,
den nun kompt die zeit herran, daß der könig die majoritet
ahnnehmen wirdt. Gott weiß, wie es den gehen wirdt. Daß seindt
lautter betrübte reflectionen, gehe von hertzen gern weg, umb nichts
mehr zu hören, noch zu sehen undt, so viel mir möglich sein wirdt,
ein wenig ruhiger zu St Clou zu leben. Aber hiemitt hab ich auch
genung gelamantirt undt mein gedrucktes hertz gelehrt
[3], will nun
von waß anderst reden. Gestern kam unßer artig infantien her,
ambrassirte mich woll von hertzen, ist ein artig kindtgen, ich hab
es recht lieb. Aber ich habe dar noch eines von Ewern lieben
schreiben vom 4 dießes monts, no 25, so ich noch nicht beantwortet
habe. Ach, liebe Louise, meine brieff seindt langweillige sachen
undt die schwesterliche liebe muß allein machen, daß sie Eüch so
ahngenehm sein. Zürnen kan ich braff; ich zürne die mehr, so ich
lieb habe, alß andere; den ich bin gar zu indifferent, umb auff die,
wonach ich nichts frage, acht zu haben, waß sie thun oder nicht.
Aber da kompt mir mein sohn adieu sagen, muß also enden; auch
habe ich Eüch heütte nur einen kleinen brieff versprochen, kan
nichts auff Manheim, noch der Judin affaire sagen, mich deücht
auch, ich habe schon darvon gesprochen
[4]. Zu Friderichsburg hatt
man, wie ich gehört, nicht wider gebawet; daß jammert mich recht.
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Kame ich einmahl in die Pfaltz, würde ich mich todt weinen
[5].
Adieu, hertzliebe Louise! Ich gehe mich ahnziehen undt weg
fahren. Wo ich aber auch sein mag, seidt versichert, daß ich Eüch
von hertzen lieb behalte!