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Brief vom 6. Mai 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1325.


[386]
St Clou den mitwog, 6 May 1722 (N. 88).
Hertzallerliebe Louise, ich fange heütte ahn, zu schreiben, den morgen wirdt man mir den grünnen safft eingeben, undt wie ich schon von der aderlaß gar matt bin undt mich daß purgiren gar gewiß nicht stärcken wirdt, also mögte ich vielleicht morgen nicht schreiben konnen. Ich habe Eüch vergangen sambstag bericht, wie unglücklich meine aderlaß abgeloffen. Der arme balbirer liegt auff den todt; man meint nicht, daß er davon kommen kan, jammert mich. Ich finde mich alle tag schwächer von dem bludt, so ich verlohr[e]n. Aber genung hiemitt von dießen albere possen. Ich will heütte noch auff Ewer liebes schreiben vom 21 April, no 30, [antworten]. Wie man Eüch allezeit 2 von meinen brieffen auff einmahl gibt, so werdet Ihr ohne zweyffel meine aderläß undt grünen safft auff einmahl erfahren. Wie ich sehe, liebe Louise, so seydt Ihr so geschäfftig wie eine mauß im kindtbett. Wen ich nur weiß, wie Ihr Eüch befindt, liebe Louise, ist schon alles gutt; es ist eben nicht nöhtig, daß, wen Ihr zu thun habt, daß Ihr mir lange brieffe schreibt. Ihr wolt, daß ich Ewer schreiben loben solle, drumb sagt Ihr mir so demütig, daß ein kurtzer abgeschmackter brieff beßer zu leßen ist, alß ein langer. Aber umb Eüch die fausse modestie abzugewehnen, will ich nichts darvon sagen undt gantz von waß anderst schprechen. Es ist leyder nur zu war, liebe, daß gar kein aparentz ist, daß wir einander in dießem leben wider sehen werden, undt in jennes bin ich gar nicht persuadirt, daß man sich kenen kan[1]; also müßen mir[2] unß mitt unßern schreiben trosten. [387] Printz Carl von Philipsthal hatt mir geschrieben, daß ist war; ich habe ihm gar ordentlich geantwort undt die pure warheit geschrieben. Mich deücht, daß die reiß zu weitt von Strasburg oder von Birckenfelt nach Franckforth, umb nur 3 tag dort zu sein; daß, deücht mir, ist der mühe nicht werdt. Hirmitt ist Ewer letztes liebes schreiben vollig beantwortet. Ich habe noch eines vom 11 April, no 27, da werde ich Eüch morgen auff entreteniren, so viel mir möglich sein wirdt. Aber nun muß ich die pausse machen, ich bin gar zu schwach undt matt, umb dießen abendt waß weitters zu sagen.
Donn[e]rstag, den 7 May, umb 2 uhr nachmittags.
Hertzliebe Louise, ob ich zwar so matt bin, daß ich kein fuß vor den andern setzen kan, so will ich doch dießen brieff außschreiben. Aber da überfehlt mich der schlaff; ist kein wunder, den ich bin müde wie ein hundt.
Mein schlaff hatt lang gewehrt, befinde mich aber doch nun ein wenig beßer. In dießem augenblick, liebe Louise, bringt man mir zwey von Ewern paquetten auff einmahl undt Ewere liebe schreiben vom 25 undt 28, no 31 undt 32. Heütte aber kan ich nichts anderst thun, alß Eüch von hertzen dancken, liebe Louise, vor den pfaltzgraffen in email; werde es fleißig verwahren undt all mein leben zu Eweren gedächtnuß behalten. Der pfau, papegay will ich sagen, hatt kein eyll, könt Ewere zeit nehmen, wie Ihr wolt. Ich muß Eüch, liebe Louise, blat herauß gestehen, daß ich deß landtgraffen von Darmstatt schreiben zwar entpfangen; wie ich aber damahls kranck war undt hernach mein sohn undt sein sohn seindt ja todt-kranck worden, daß hatt mir alles vergeßen machen. Hettet Ihr mich nicht wider dran gemahnt, hette ich kein wordt mehr davon gewust. Sagt ahn I. L. dem printzen von Darmstatt, daß ich ihn deßwegen umb verzeyung bitte undt ihm sagen [laße], daß ich gar nicht boß über ihm bin, sondern sehr verobligirt, daß er deßwegen in sorgen ist! Sein incognito ist gar perfect hir geweßen, den ich habe von niemandts gehört, daß er hir geweßen ist; mein enckel hatt es nicht gewust, hette es mir sonst gar gewiß gesagt. Ich wolte Eüch von hertzen gern lenger entreteniren, liebe Louise, aber ich bin gar zu matt darzu. Daß vielle bludt, so ich samstag verlohren, undt daß ich heütte 8 mahl starck purgirt habe, dazu mein hohes alter macht [388] mich so matt, daß ich nichts mehr heütte sagen kan, alß daß, in welchen standt ich auch sein mag, daß ich Eüch doch biß ahn mein endt von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 6. Mai 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 386–388
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1325.html
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