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Brief vom 30. August 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1357.


[456]
St Clou den 30 Aug[usti] 1722 (N. 24).
Hertzallerliebe Louise, umb mein wordt zu halten, Eüch alle woche 2 mahl zu schreiben, so schreibe ich Eüch dießen abendt. Gestern habe ich es ohnmoglich gekönt, ich habe viel leütte gehabt, undter andern unßere hertzogin von Hannover, so hir durch gefahren undt spät zu mir kommen, suma, ich habe alles auff heütte verspar[e]n müßen. Ich habe gestern undt vorgestern von Ewere liebe schreiben bekomen; daß erste war 4 tag frischer, alß daß letzte, den es war vom 22, no 60, undt von dem gutten, ehrlichen Heydelberg; daß zweytte aber, so ich heütte entpfangen u[n]dt daß man mir gebracht, wie ich von Versaille[s] kommen, ist vom 18 Aug[usti] von Franckfort. Ich muß mich sehr dumeln[1], umb drauff zu andtwortten. Daß ist woll eine große complaissance, daß Ihr nach Heydelberg mitt Ewern neveu undt niepce seidt. Ist daß wirdtshauß vom großen hirsch noch auff dem großen marck[2]? Daß war doch daß wirdtshauß, so in der grösten reputation war. Daß findt ich sehr raisonable ahn herr Max gemahlin, daß sie Eüch alle hatt hollen laßen. Wo wonden[3] sie nun? Seindt sie auff dem kleynen marck bey dem brunen in deß mar[s]chalcks Landas hauß? Es ist keine beßere lufft in der welt, alß die zu Heydelberg; aber auff dem schloß in mein apartement ist sie noch unvergleichlich beßer[4]. Ke[i]n mensch in der welt kan beßer begreiffen, waß Ihr, liebe Louise, in Heydelberg gefühlt werdt[5] haben, alß [ich], kan ohne schaudern nicht dran dedencken, werde dießen abendt nicht davon reden, es macht mir zu trawerig, konte nichts[6] nicht schlaffen. [457] Schwetzingen undt Manheim machen mich auch gantz trawerig, wen ich dran gedencke. Der neüe hoff zu Pfaltz hatt [das], daß, [was] man sagt, nicht alle mahl gar [wahr ist]. Da schlegt es 10, ich muß nach bett, kan also vor dißmahl, liebe Louise, nichts mehr sagen, alß daß warlich unßer vatterlandt undt[7] gutt undt schon landt ist. Wer hatt Wibellingen nun[8]? Gutte nacht, liebe! Ich muß meinen schwachen leib undt schenckel ins bett bringen, nachdem ich Eüch werde versichert haben, hertzliebe Louise, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. August 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 456–457
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1357.html
Änderungsstand:
Tintenfass