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St Clou den sambstag, 3 October 1722 (N. 37).
Hertzallerliebe Louise, ich muß Eüch noch einmahl dancken
vor alles, waß Ihr mir geschickt, den Ihr könt nicht glauben, wie
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apropo
[1] es mir gekommen ist. Den nun meine arme füß undt bein
so geschwollen sein, daß ich gar wenig gehen kan undt allezeit
sitzen muß, amussirt mich dießes, wen ich außgeschrieben haben;
den von natur spreche ich eben nicht gar gern, amussire mich
lieber stilschweygens. Es gereüet einen nie, geschwigen zu haben,
aber offt, zu viel gerett zu haben, schweyge also lieber, alß daß
ich rede, undt wen ich so waß habe, so mich amussiren kan,
vertreibe ich mir die zeit recht woll; also segt Ihr ja woll, liebe
Louise, daß ich ursach habe, Eüch nochmahlen zu dancken vor waß
Ihr mir geschickt habt. Nun komme ich auff Ewer letztes liebes
schreiben vom 19, no 68; bin fro, daß meine schreiben nun wieder
richtig gehen undt Ihr, liebe Louise, segt, daß ich mein wordt halte
undt keine post verseüme. Mein beßer-sein geht ab undt zu, habe
noch alß einen gutten undt einen bößen tag, ich hoffe aber, daß
die bewegung undt enderung von lufft mir beßerung verschaffen
werden. Ich
[2] die 12 tag, daß ich hin undt her werden, kan ich
Eüch ohnmöglich schreiben; aber von Rheims solt Ihr gar gewiß
ein brieff von mir bekomen, wo mir gott daß leben biß dahin
verleydt. Der elexir von Garus ist gutt, aber er operirt sehr langsam.
Were es nicht mitt mir, wie Pickelharing sagt, wen er mutter
Anicken in der commedie von Pirus
[3] undt Ariane ist, so würde
ich gewiß geschwinder gesandt werden. Aber daß es so langsam
her geht,
daß thut daß liebe alter
[4]; 70 jahr undt 5 mont seindt
keine bagatellen. Aber waß verdrießlich in dießer sachen ist, ist,
daß ich frisch undt gesundt war undt daß man mich, umb mich
gesundt zu erhalten, schir umbs leben gebracht hatt. Ich hatte es
woll vorgesehen, man hatt mir nicht glauben wollen.
Sambstag, den 3 October, umb halb 7 abendts.
Ich bin umb 6 von Madrit kommen in hoffnung, Eüch lang zu
entreteniren können; aber ich bin ich nicht
[5] so baldt in meine camer
kommen, so habe ich madame la duchesse d’Orleans in den hoff
fahren sehen, die fahrt in dießem augenblick wieder weg. Von
meiner gesundtheit kan ich mich noch nicht sehr rühmen, die gall
rast noch im[m]er fort, liebe Louise, ich hoffe aber, daß die
verend[e]rung von lufft undt tagliche bewegung mir beßer bekommen wirdt.
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Von Rheims hoffe ich Eüch zu berichten können, wie mir die reiß
bekommen ist. Mein dochter wünscht unerhort, mich zu sehen undt
mir ihre kinder zu weißen, ich fürcht[e] aber, daß sie erschrecken
wirdt, wen sie mich in dem ellenden standt sehen wirdt, worinen
ich bin, ohne gehen zu konnen, bin erschrecklich mager worden
undt habe keinen ahtem mehr, kan auch nicht eßen. Ich bin nicht
in sorgen, mitt artzeneyen geblagt [zu werden], den auß[e]r den
elexir werde ich gewiß nichts einnehmen. In keines frembden
docktors handen werde ich mich nicht lieffern; will mich gott
couriren, wirdt ers durch meine docktoren thun. Aber so geschickt
undt gelehrt der herr Bruner auch sein mag, so werde ich ihn doch
die mühe nicht geben, her zu kommen; erstlich so bin ich nicht
bang, waß auch auß meiner kranckheit werden mag. Den weg von
[6]
himel kan man zu Viller Cotteres
[7], Rheims, auch gar auff dem weg
finden, also mag ich nur in gottes nahmen meine reiß ahnfangen,
mich den sontag woll dazu prepariren undt in der pfarkirch zu
Paris zum h. abendtmahl gehen undt den andern tag verreißen. Ich
glaube, ich habe Eüch schon geschrieben, liebe Louise, wie mirs
ohnmoglich ist, alkermes
[8] zu nehmen. Es schmeckt wie eine rechte
medecin, hatt etwaß von dem cattolicon
[9] double, es ist meine sache
gar nicht. Worumb solte ich Eüch nicht schreiben? Meine händt
seindt nicht geschwollen wie meine füße. Meine schriefft kan Eüch
nie bezeügen, wie hertzlich ich Eüch liebe; unßer geblüdt kans
Eüch allein bezeügen, liebe Louise! Es frewet mich recht von
hertzen, daß der kleine rubis ballet
[10] Eüch ahngenehm geweßen;
solche bagatellen konnen meinen beüttel nicht schaden. Ihr würdet
verwundert sein, wen Ihr sehen soltet, wie viel ich dergleichen deß
jahrs außgebe. Wen Eüch nur die forcht hindert, Eüch über die
bagattellen zu erfrewen, so ich Eüch geschickt habe, so kont Ihr
Ewer freüde vollig genießen. Ich bitte Eüch, liebe Louise, schickt
mir doch ein zettelgen von den babiolen
[11], so Ihr von mir habt!
Den lest mich gott leben, so werde ich nichts dopels
[12] schicken.
Mein brieff von no 62, hoffe ich, wirdt sich wider einfinden, auff
allen fall ist der verlust nicht groß. Ah, ich bin ein nar, ich meinte,
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es fehlt Eüch einer von meinen brieffen, sehe aber nun, daß Ihr
von den Ewerigen sprecht; er ist ahnkommen, ich meint, ich hette
es schon geschriben. Da dreibt man mich wegen meiner geschwollen
füßen nach bett, kan also nichts mehr sagen, alß daß Ewer
schreiben doch, gott lob, gantz beantw[o]rt ist undt daß ich Eüch allezeit
von hertzen lieb behalte, hertzliebe Louise!