Seitenbanner

Brief vom 12. November 1722

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1372.


[478]
St C[l]ou den 12 November 1722 (N. 3).
Hertzallerliebe Louise, ich habe mich gar wenig von meiner beß[e]rung zu berühmen, den ich habe noch gar eine schlime nacht gehabt undt kein 2 stundt ahn einem stück geschlaffen. Meine gröste ungemachlichkeit ist ein erstickens, so mir in der lincken seytten ahnfängt undt endigt auff der rechten undt stecht mir biß in den machen[1], daß ich offt zu ersticken meine. Die galle geht nicht mehr so starck undt hatt ein wenig auffgehort. Es kan auch woll auffhören, nachdem ich noch durch die letz[t]e medecin, so man mir verwichenen mitwog geben, 24 mahl gangen bin. Daß matt erschrecklich ab, kan kaum die feder halten. Ich weiß nicht, waß auß dießem allem werden wirdt, die zeit wirdts lehren. Waß mich aber verdrist, liebe Louise, ist, daß ich Eüch nicht so lang unterhalten kan, alß ich es wünschen mogte. Ich habe die gantze relation vom sacre noch nicht haben können, aber so baldt sie mir zukommen wirdt, we[r]de ichs Eüch schicken. Unterdeßen schicke ich Eüch daß überige von dem fest von Viller-Cotteret[2], so ich hoffe Eüch ein wenig amussiren wirdt[3]. Ich hoffe noch, übermorgen die große relation vom sacre zu schicken können. Ich weiß nichts neües, alß eine zeittung, so mich recht hertzlich erfrewet hatt, [479] alß nehmblich, daß mein sohn mitt seiner maitresse gebrochen[4] undt findt, daß ein solch leben ein zu schlim exempel vor dem könig war undt daß man es ihm mitt der zeit vorwerffen könte; hatt also gantz gebrochen. Gott stehe ihm ferner bey undt wende all[e]s zu seinem besten undt seeligkeit undt gebe mir auch, waß mir nutz undt seel[i]ch sein mag! In ängsten bin ich gar nicht, sonder[n] sehr tranquille, waß der almachtige mitt mir machen will. Da bringt mir unßer pfaltzisch secretärgen, der kleine Gravenbrock, bringt mir eine beschreibung vom sacre; aber es ist noch nicht gantz abgeschrieben, aber erster tagen wirdt daß überige kommen. Hett ich ein wenig mehr starcke undt kräfften hette, würde[5] ich Eüch lenger entreteniren; aber heütte ist es mir ohnmöglich, mehr zu sagen, alß daß, so lang mir gott mein languissent[6] leben lest, werde ich Eüch allezeit von hertzen liebe behalten, liebe Louise!
Elsabeth Charlotte.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. November 1722 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 478–479
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1372.html
Änderungsstand:
Tintenfass