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St Clou den sambstag, 28 November[1] 1722.
Hertzallerliebe Louise, dieße gantze woche bin ich wieder, ohne
einig schreiben von Eüch zu bekommen, geweßen. Ich kan die
ursachen deßwegen nicht errahten, den Ewere regullaritet ist mir
gar zu woll bekandt, umb zu zweyfflen konnen, daß Ihr mir in den
14 tagen nicht solt geschrieben haben. Die post geht unrichtig, daß
ist gar gewiß, aber die zeit ist auch lang. Es ist noch früh undt
erst ein viertel auff 11. Dießen nachmittag werde ich vielleicht
noch etwaß von Eüch bekommen, aber nun will ich mich ahnziehen.
Eine andtwort, so ich an madame Dangeau geschriben, hatt mich
ahn dießem brieff interompirt, liebe Louise!
Sambstag umb 2 uhr nachmittags, 28 November.
Gleich nach dem eßen bin ich entschlaffen; seyder ich aber
wider wacker, ist es mir nicht beßer. Ich weiß nicht, was sie mir
heütte abermahl zu schlucken geben haben, aber es purgirt mich
gar starck, undt wie ich schon ohne dem wegen meiner 8
montlichen kranckheitten, in welcher man mir nicht daß geringste
gegeben, so mich, ich will nicht sagen, im geringsten couriren können,
sonder auch nicht daß geringste soulagement geben … Ich weiß
nicht, waß entlich auß meiner kranckheit werden wirdt. Allein,
liebe Louisse, ich nehme stundtlich ab, leyde nacht undt tag undt
alles, waß man mir braucht, hilfft zu nichts. Der allmachtige
verleye mir gedult! Ich habe es woll hoch von nohten. Bin ich aber
glücklich genung, daß mich gott der allmächtige auß dießen
schmertzen undt jammerthal erlößen wirdt, so bekümert Eüch nicht zu
viel, wen Ihr mich verliehren soltet! Den es were mein grostes
glück. Ich lebe mitt aller meiner kranckheitt ich
[2] erschrecklichen
sorgen, den meiner dochter zweytter sohn undt just der, so mir ahm
liebsten ist, ligt auff den todt ligt. Seine kranckheit hatt mitt ein
continuirlich fieber ahngefangen mitt 4 redoublementen deß tags
mitt einem gar starcken durchlauff. Daß fieber hatt zwar
auffgehört, aber alß man sichs ahm wenigsten versehen, ist er in solche
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erschrekliche gichter gefahlen, daß alles zu fürchten ist. Es were
mir woll hertzlich leydt umb diß kindt, den, wie schon gesagt, so
ist es der, so mir ahm liebsten ist, den es ist ein recht gutt undt
ahngenehm kindt, so gar raisonabel ist vor sein alter. Es würde
mich also recht von hertzen betrüben, wen wir diß kindt verliehren
solten; ich glaube, meiner dochte[r] würdte der kopff davon …
undt narisch werden. Mein gott, wie ist es ein ellendes leben in
dießer welt! Man hort undt sicht nichts, alß jammer undt ellendt,
daß macht einem daß leben sehr müde. Ich bin ohne daß sehr
matt, muß also wider willen schließen undt dießen abendt nichts
mehr sagen, alß daß, in welchem standt ich mich auch finden mag,
so werde ich Eüch biß biß ahn mein endt von hertzen lieb behalten.
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