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A madame Louise, raugegräffin[2] zu Pfaltz, a Franckforth.
St Clou den 3 December 1722.
Hertzallerliebste Louise, die zeytung, so ich Eüch heütt von
meiner gesundtheit zu sagen habe, werden Eüch woll gar nicht
gegenfahlen
[3]. Ich werde taglich ellender, mogte woll ein schl[i]mm endt
nehmen, aber ich bin, gott lob, zu allem bereit, bitte nur den
allmachtigen, mir gedult zu verleyen in meinen großen schmertzen, so ich
nacht undt tag außstehen muß, so woll durch meine erschreckliche
schwachheit, alß auch sonsten mein ellender
[4] leben. Ob ich noch
davon kommen werde, mag gott wißen; die zeit wirdts lehren, aber
ich bin noch nicht so übel gew[e]ßen, alß nun. Hir haben wir kein
heßlich wetter, fengt doch heütte ein wenig ahn, zu regnen mitt
einem kleinen regen. Ich glaube nicht, daß einig wetter mehr
gesundt vor mich sein wirdt. Die zeit, liebe Louise, wirdt baldt
erweißen, waß auß dießem allen werden wirdt. Komme ich
davon, so werdet Ihr mich allezeit finden, wie ich bißher geweßen.
Nimbt mich gott zu sich, müst Ihr Eüch in dem getrösten, daß
ich ohne reü noch leydt sterbe, die welt gern verlaße in der
hoffnung, daß mein erloßer, so vor mich gestorben undt aufferstandten
ist, mich nicht verlaßen wirdt, undt wie ich ihm trew geblieben,
daß er sich auch meiner ahn meinem letztenn endt erbarmen wirdt.
Auff dieß vertrawen lebe undt sterbe ich, lieb[e] Louise! Es mag
im überigen gehen, wie gott will. Es seindt viel leütte, so sich
nun über husten undt schnupen beklagen; ich bin kräncker, alß
dieß, undt werde tagtlich ärger. Ich wünsche, daß, ich wünsche,
liebe Louise, daß Ewer neüe geselschafftterin dem von Solmß …
Da bringt man mir noch ein liebes schreiben von Eüch vom 21
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November, no 83, kan aber ohnmoglich drauff andtwortten, bin gar
zu kranck dießen … Aber, aber erhelt mir gott daß leben biß
übermorgen, werde ich andtwortten, nun aber nur sagen, daß ich Eüch
biß ahn mein endt von hertzen lieb behalte.