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Brief vom 4. August 1684

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugraf Karl Ludwig zu Pfalz


2013.


[503] [1]
Versaille den 4 Augusti 1684.
Hertzallerlieb Carllutz, ich habe Eüch zwar in ewiger zeit nicht geschrieben, aber doch nicht destoweniger gar fleißig ahn Eüch gedacht, welches mir der baron von Herberstein undt Carl Edewart werden zeügnuß geben können. Waß diesen letzten ahnbelangt, so hab ich gar nicht erwart, daß Ihr mir so ein serieux undt exessiff compliment machen soltet, daß ich ihn hir bey mir gehabt. Den ob ich ihm schon allen gefahlen erzeyget, so bey mir gestanden, so ist doch solches so gering undt wenig, daß es gar nicht danckenswert ist, indem ich erstlich darinen nichts alß meine schuldigkeit gethan, zum andern aber, wen es auch meine schuldigkeit nicht were undt ich keine andere ursach hette, vor Carl Edewart zu sorgen, so würde ich doch solches nicht unterlaßen haben, weillen er Ewer bruder ist. Den ich versichere Eüch, hertzlieb Carllutz, daß ich Eüch so lieb hab, alß man einen bruder haben kan, undt wolte von grundt meiner sehlen wünschen, gelegenheit zu finden, Eüch solches in der that undt mitt solidern effecten zu persuadiren, alß mitt bloßen wortten; würde mich gewiß nicht dabey verseümen. Waß aber Carl Edwart ahnbelangt, so glaube ich, daß solcher findt, daß ich nur gar zu viel sorg vor ihm gehabt, den ich habe ihn offt gepredigt undt etlich mahl braff außgefiltzt undt dießes, weillen er nicht höfflich genung ist undt gar zu distrait. Wen man ihm schon hundert honnestetes hir ahnthut, so macht er sein leben nicht daß geringste compliment, noch dancksagung, undt wen man mitt ihm reden will, denckt er nicht, waß man ihm sagt, undt antwort gantz überzwerg undt alle worter muß man ihm mitt gewalt außdringen; ist nicht übel geschaffen von persohn, groß vor sein alter undt all gutte minen. Surosne, so ihn offt gesprochen, sagt, daß er verstandt hatt, ein wenig malicieux, aber doch von guttem naturel vor die, [504] so er lieb hatt. Ich aber hab ihn gar nicht kenen lernen, den so sehr ich ihn auch gebetten, mitt mir offenhertzig zu reden undt von eins undt anderß zu sprechen, auch so viel fragen, alß ich ihn auch gethan, hab ich doch nichts anders auß ihm kriegen können, alß: Ja, nein, ich weiß nicht. Entlich, alß ich gesehen, daß er gar nicht reden wolte, hab ich ihm geschrieben, umb zu sehen, ob er mir antwortten würde, schicke Eüch seine antwort hirbey, welche nicht enuieux zu leßen sein kan, ist nicht lang genung dazu; aber sein discours ist noch viel kürtzer. Gott gebe, daß die holländische lufft ihm die zunge beßer lößen möge, alß die frantzösche gethan hatt! Mir schlegt die frantzösche nun waß beßer zu, alß sie eine zeit hehr gethan hatt; insonderheit die vom fauxbourg St Germain, den mein herr hatt mir entlich erlaubt, meine gutte freündin, die Ihr woll kent undt die wir alß die gutte schwartze jungfer heyßen, in madame de Ludre[s] ihrem closter zu sehen. Dießes raccommodirt Paris ein wenig mitt mir. Ich habe auch nun ein lossement; auß der gallerie, wo man durch geht, wen man in die loge vons opera will, hatt man mir ein zwar klein, doch gar artlich lossement gemacht. Ich wünsche, daß es baldt frieden möge werden undt daß Ihr alßdan noch ein reißgen hehr thun möget, umb diß alles zu sehen. Neües kan ich Eüch nicht viel von hir berichten. Ewer alter gutter freündt d’Urfé ist nun breüdigam mitt einer von madame la Dauphine jungfern, die Gonteau[2]. Er ist eben so beschambt alß sie; wen ich ihn ahnsehe, wirdt er fewer-roht. Heütte morgen war er hir in meiner cammer, ich hab ihm gesagt, daß ich Eüch dießes von ihm schreiben wolte; er hatt mir geantwortet, ob Ihr nicht auch baldt in den hl. ehstandt tretten würdet, undt daß, wen er dorffte, wolte er Eüch viel complimenten entbietten, undt ich hab mich deßen chargirt. Daß ist alles, waß ich Eüch vor dießmahl sagen werde mitt versicherung, daß ich biß in todt Ewer getrewe undt affectionirte freündin verbleibe.
P. S.
Ich hette schir etwaß vergeßen zu sagen. Ihr versprecht mir, daß Ihr mir hinfüro fleißig schreiben wolt. Thut daß lieb Carllutz! den hiran werdt Ihr mir einen gar großen gefahlen er weißen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 4. August 1684 von Elisabeth Charlotte an Karl Ludwig zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 503–504
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2013.html
Änderungsstand:
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