[516]
[1]
Pour la comtesse Louisse, raugraffe, a Franckfort.
St Clou den 8 Julli 1694.
Gestern habe ich Ewern brieff, lieb Louisgen, vom 5/15 zu
recht entpfangen. Die gutte fraw von Harting hatt mir ihn geschickt,
undt damitt Ihr secht, daß ich willens bin, Eüch hinfüro fleißiger
zu schreiben, so antworte ich hirmitt gleich darauff, undt weillen
Ihr mir, liebe Louisse, versichert, daß meine brieffe Eüch
ahngenehm sein, werde ich Eüch hinfüro deßen nicht ermangelen laßen;
wir seindt einander ja nahe genung, umb einander lieb zu haben.
Ich muß bekenen, daß mir greüllich bang über ma tante, der
churfürstin, kranckheit war. Gott seye danck, daß dieße kranckheit sich
so woll geendet hatt! Warumb sorgt Ihr, liebe Louise, daß Ewere
brieffe mich incomodiren mögen? Seydt Ihr den nicht persuadirt,
daß ich Eüch undt Ewere geschwisterig lieb habe? Wen daß were,
wolte ich mich beschwehren, den Ihr mir großen tord thetet, mich
von so bößem naturel zu glauben; wen Ihr aber meiner
freündtschafft glaubt, so werdet Ihr ja auch leicht gedencken können, daß
ich gerne zeittung von Eüch habe. Ma tante kan mir zeügnuß gebe[n],
wie offt ich nach Eüch andern frage. Wolte gott, ich könte
gelegenheit finden, Eüch zu dinnen! würde es von hertzen gerne thun.
Ihr habt Eüch woll nicht betrogen, liebe Louisse, indem Ihr
gemeint, daß ich mich nach Wisbaden gewünscht habe; mich deücht,
ich würde getröster sterben, wen ich ma tante undt oncle noch
einmahl gesehen hette. Eüch undt Ewere geschwister mögte ich
[517]
auch woll noch einmahl wider sehen, es ist aber schwerlich zu
glauben, daß dießes geschehen wirdt; solte es sich aber, so
unvermuhten es auch scheindt, zutragen, so versichere ich Eüch, daß
ich Eüch von hertzen ambrassiren würde. Ich mißgone Euch undt
Amelise, wie auch Carl Moritz daß glück nicht, ma tante undt oncle
auffzuwartten, ich mögte es aber von hertzen gerne mitt Eüch
theyllen. Weillen Ihr etlich mahl nach Hannover könt kommen, so können
Eüch die abreißen weniger schmertzen, den die hoffnung erhelt,
einander wider zu sehen. Ahn die Pfaltz kan ich nicht ohne threnen
gedencken. Es jammert mich, daß herr Max so verendert ist. Wo
seindt seine schwestern hinkommen, alß die Wolmersheüßerin, fraw
von Brun undt freüllen Charlotte? Der herr Fabricius muß doch
nun nicht jung mehr sein, den es ist lange, daß ich ihn bey herren
von Seltz s. gesehen habe; er ist woll lobenswehrt, den armen
Pfältzer bey zu stehen. Der, den Ihr den lehen-probst heist, ist es
unßer Sejanes oder sein bruder, der Fuchs, so bey meinem bruder s.
geweßen ist? Undt weillen dieße gutte, ehrliche Pfältzer sich
meiner noch erinern, bitte ich Eüch, liebe Louisse, sie alle von
meinetwegen zu grüßen. Wo ist herr Ferdinandt von Degenfelt nun? den
Ihr nent ihn nicht. Wie kan herr Max sich resolviren, so viel
kinder in dießen bößen zeitten daher zu setzen? Caroline thut woll,
daß sie nicht in London bleibt, den ich habe allezeit gehört, daß
die lufft ungesundt dort. Aber unter unß gerett, ich fürchte, daß
des ducs de Chomberg jalousser humor sie ehr auffs landt führt,
alß die böße lufft. Ich erschrecke, wen ich dencke, daß Caroline,
die ich so gar ein klein kindtgen gesehen, schon 8 kinder gehabt
hatt; daß macht mich gantz descripit. Daß alter melt sich starck
genung bey mir ahn. Ich bitte Eüch, liebe Louisgen, schreibt mir
fleißig undt waß Ihr neües von unßern alten kundtschafften wist
undt erfahrt! Es ist bey der teütschen armeé waß vorgangen, wie
ich heütte erfahren. Ich wünsche, daß Carl Moritz sich nicht möge
dabey gefunden haben. Monsieur Chauvet bitte ich von
meinetwegen zu grüßen, der ist ja noch recht von der alten kundtschafft.
Über Hanover kommen Ewere brieff gar recht, wie Ihr secht, könt
mir sie also durch dießen weg schicken. Amilse undt Carl Moritz
ambrassire ich beyde wider undt versichere Eüch, daß ich Eüch
alle, so lang ich lebe, von hertzen lieb behalten werde.