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A madame la raugräffin zu Pfaltz, Louisse, a Franckfort.
Fontainebleau den 2 October 1694.
Hertzliebe Louisse, ich habe heütte morgen Ewer schreiben
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vom 8/18 September zu recht entpfangen, ware auch willens, solches gar
ortendtlich zu beantwortten, allein in dießem augenblick kompt man
mir sagen, daß mein sohn in einer virtelstundt auß der armeé
ahnkommen wirdt, muß also nur in aller eyll schreiben. Bitte Eüch,
alle die, so sich meiner erinert, zu dancken. Es frewet mich recht,
daß Ihr mich versichert, liebe Louisse, daß ich mein Teütsch noch
nicht vergeßen habe; daß gibt mir mehr hertz, Teütsch zu schreiben.
Ich kan nicht begreiffen, wo Caroline her nimbt, daß Ihr kein gutt
Teütsch nicht schreibt, den ich kene niemandes, so beßer schreibt,
alß Ihr; drumb bitte [ich] Eüch, schreibt mir offt, wen es, ohne Eüch
ungelegenheit zu machen, geschehen kan! Wir seindt ja einander
nahe genung, umb unß lieb zu haben undt, gott lob, keines von
unß von bößer natur, wie solten wir dan ahn unßere[r] freündtschafft
zweyfflen können? Also bitte ich Eüch, liebe Louisse, stehts zu
glauben, daß, wen ich Eüch zwar nicht viel worte davon mache,
daß doch meine schwesterliche liebe gegen Eüch undt Ewere
geschwisterig sehr beständig sein wirdt. Den elsten graffen von
Schonberg habe ich nie gesehen, aber woll seine erste fraw, welche
eine singerin war undt deßwegen sein herr vatter ihn nicht mehr
hatt sehen wollen. Es ist mir lieber, daß der gutte hertzog Carl s.
Ewern schwager zum erben eingesetzt hatt, alß seinen elsten bruder.
Ich bilde mir ein, daß Caroline ein wenig schuldt, den wie Ihr
woll wist, so hatt sie dießer sehr lieb gehabt. In diesem
augenblick kompt mein sohn, kan also in eyll nichts mehr sagen, alß daß
ich Eüch von hertzen ambrassire, liebe Louisse, wie auch Ewere
geschwister, undt Eüch allezeit lieb behalte.