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Brief vom 12. April 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2027.


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Pour madame Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Marly den 12 Aprill 1695.
Wir seindt heütte draußen geweßen undt haben eine reveüe von den 4 compagnien des gardes du corps gesehen, welche gantz neü gekleydt sein. Es war recht schön undt magnifiq zu sehen, wir seindt nach 5 abendts erst wider kommen, undt wie ich in mein cammer kommen, hatt man mir ma tante paquet überlieffert, worinen ich auch einen von Ewern brieffen vom 19/29 Mertz gefunden undt mitt freüden geleßen habe. Den seydt versichert, liebe Louisse, daß Ewere brieffe mir allezeit sehr ahngenehm sein! Ma tante, die churfürstin, ist leyder jetzt nicht wohl, hatt daß dreytagige fieber [528] wider, welches mich recht in sorgen setzt; den daß umbschlagen mag ich nicht leyden undt ma tante ist ja nicht kräncklich von natur. Wolte gott, sie were diß fieber wider quit! So lang es werdt, kan ich nicht recht ruhig sein, den man sicht woll, wie eine kranckheit ahnfengt, man weiß aber nicht, wie sie endet. Man tröst mich zwar mitt dem, daß die accessen gar gelindt sein sollen. Ma tante hatt mir auch die gnade gethan, in wehrendem fieber selber einen großen brieff zu schreiben, allein ich verlange doch mitt großer ungedult, baldt zu vernehmen, daß daß leydige fieber möge gantz weg sein. Ma tante hatt mir geschrieben, daß sie Carl Moritz nach Berlin helffen wollen; weillen er daß exempel vom graffen von Tecklenbourg vor sich hatt, deücht mir, daß er auch woll ahn dem hoff, wie dießer, sein kan. Ich bin fro, daß C. M. nicht in venitianischen dinsten gegangen, weillen es dießen so übel mitt den Türcken gangen, wie ich heütte vernohmen undt Ihr, liebe Louisse, auch woll werdt erfahren haben. Wen Ihr ahn C. M. schreibt, so ambrassirt ihn von meinetwegen! Wem gleicht deß Veningers sohn? schlegt er dem armen Evel nach oder seinem vatter? Seine schwester, die Rotzenhaüßerin, werden wir in 3 wochen hir haben; ich bin fro, daß sie wider gesundt ist. Ihr seydt von einer großen politesse, liebe Louisse, zu sagen, daß Eüch meine brieffe mehr, alß die gutte compagnies, so jetzt zu Franckfort sein, erfrewen. Es freüet mich, daß Ihr mir versichert, daß ich mich noch woll auff Teütsch zu verstehen geben kan. Waß ich Eüch versichere von meiner freündtschafft, kompt allezeit auß einem auffrichtigen teütschen hertzen. Schreibt ahn Caroline, sie solle Eüch recht Teütsch herauß schreiben, ob es ihr in Engellandt nicht übel wirdt außgedeüt werden, wen ich ihr schriebe! Undt wen ich daß wißen werde, werde ich ihr durch Eüch schreiben, den mir ist es erlaubt, hin zu schreiben, wo ich will; ich habe aber gefürcht, könig Wilhelm mögte es ihr übel außlegen undt verdencken, wen sie brieffe von mir bekämme hir auß Franckreich; wen ich aber wißen werde, daß mans ihr erlaubt, werde ich ihr gar gerne schreiben undt mitt freüden brieffe von ihr entpfangen. König Jacob ist so persuadirt, daß die königin, seine fraw tochter, einen abscheülligen haß gegen ihm gehabt undt übel von ihm gesprochen, deßwegen hatt er sich nicht über ihren todt betrüben wollen. Es muß ein Teütscher oder Engellander sein, so die vers muß gemacht haben, so Ihr mir [529] geschickt; la pensee est bonne et a du feu, wie man hir sagt, aber der frantzösche tour von reden ist nicht gantz auff hießige art undt man sagt nicht: J’ay touttes les vertus contre mes ennemis. Ich habe sie nie, alß dießmahl, gesehen, dancke Eüch derowegen sehr davor, liebe Louisse, undt bitte Eüch, wen Eüch mehr waß neües zu händen kompt, mir solches zu schicken; den so sachen divertiren mich, drumb bitte ich Eüch, schickt mir, waß man auff der königin Marie todt gemacht hatt! Weillen, wie ich glaube, Caroline kein Englisch kan undt also woll kein groß comerse mitt den englischen damen haben können, wirdt es ihr ein trost sein, schwedische undt teütsche damen zu sehen, mitt welchen sie reden kan. Ihr köntet mich auch woll unter der zahl von denen setzen, so ungern mitt carten spiellen, den daß spiellen ist mir gantz unleydtlich hir worden. Ich meinte, der jüngste schwedische pfaltzgraff würde gleich wider nach Schweden, sehe aber auß Ewerm schreiben, daß er sich noch zu Franckfort auffhelt. Ich will nichts mehr vom schlittenfahren sagen, den die zeit ist nun vorbey undt daß schönne wetter wider vorhanden, nur daß noch sagen, daß ich glaube, daß man biß ins hundert schlitten fahren kan, wen man lust drin nimbt, den es ist ja eben alß in der kutzhen fahren. Mich deücht, der magistrat von Franckfort hatt groß unrecht, die divertissementen zu verbi[e]tten, den in den trawerigen zeitten hatt man ahm meisten von nöhten, daß gemüht auffzumuntern, umb sich von der trawerigkeit nicht zu übermeistern laßen. Daß muß doch all artlich sein, daß man so einen 3ten ort hatt, wo man zusammen kompt, wie in dem Römer; den daß verhindert die großen ceremonien, so ordinari in vissitten vorgehen, undt man ist nicht destoweniger beysammen. Lautter weiberzeüg ohne mansleütte ist langweylich. Die princessin von Ussingen, ist die unßer geweßenen graffen von Nassaw dochter, so ma tante Lisgen ihr alter amant war? Waß ist aber die fürstin von Itstein vor eine? Von dießem nahmen habe ich mein leben nicht gehört. Sie muß gutt undt lustig sein, so gutte nachbarschafft mitt Eüch zu halten. Wer sie gebohren ist, weiß ich woll. Die fürsten von Öttingen seindt gantz neüe fürsten, aber vom fürsten von Itztstein habe ich, wie schon gesagt, nie gehört. Wie Ihr mir dieße fürstin beschreibt, gefiehl sie mir beßer, alß ihre tanten; den die, so viel von butzen undt moden halten undt, mitt einem wort zu sagen, coquet sein, stehen mir gar nicht ahn, drumb gehe ich auch hir mitt [530] gar wenig damens umb, bin lieber alleine, alß in geselschafft, die mir nicht gefelt, den ich bin zu naturlich, umb mich zwingen zu können. Ewer brieff ist gar nicht übel geschrieben, undt ob zwar Ewer feder nicht so rein war, alß ordinari, so ist Ewere schriefft doch sehr leßlich undt Ewere brieffe, liebe Louisse, seindt mir sehr ahngenehm undt finde sie nie langweillig. Glaubt, liebe Louisse, daß, waß ich Eüch hir sage, gar war ist! Den complimenten kan ich nicht machen undt bin noch immer, wie Ihr mich vor dießem gesehen habt. Es ist nun baldt zeit, zur taffel zu gehen, muß derowegen enden. Adieu den, hertzliebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen, wie auch Amelisse, undt versichere Eüch beyden, daß ich Eüch von hertzen lieb habe undt allezeit haben werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. April 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 527–530
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2027.html
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