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Brief vom 14. August 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2029.


[531] [1]

A madame Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 14 Augusti 1695.
Hertzliebe Louise, gestern habe ich Ewer schreiben vom 23/ s. v. Julli entpfangen undt sehe mitt freüden darauß, daß Ihr undt Ewere geschwisterig keinen zweyffel in meiner affection setzt. Seines vattern kinder lieb zu haben, ist eine schuldigkeit, so nie vor generositet kan gerechnet werden. Ewere demut ist zu groß, nicht zu glauben wollen, daß man Eüch umb Ewerer eygenen meritten lieb könne haben; Ewere eygene conduitte solte es Eüch doch persuadiren. Ihr schreibt so woll, daß man nicht beßer schreiben kan, so woll waß den stiel, alß die handt betrifft. Aber ob solches sich gleich nicht also befünde, würde ich nicht desto weniger gerne brieffe von Eüch bekommen; den wen man die leütte lieb hatt, hört man gern, wie es ihnen geht. Gott gebe, daß dieß 11 tragende ähren-halm beteütten möge, waß man in Teütschlandt davon hofft! Es deücht mir aber, es hatt ein schlegt ahnsehen dazu. Die Frantzosen bombardiren jetzt Brüssel undt die Engelländer Dünkercke, daß hatt schlegten ahnstalt zum frieden. Alle, die verbrent werden, so woll auff ein, alß anderer seytten, jammern mich von grundt der seelen. Mir ist es angst, daß es noch endtlich auff eine schlagt außlauffen wirdt, wen Namur einmahl gantz über sein wirdt. Meinem sohn ist sein quinquina perfect wohl zugeschlagen, er ist, gott lob, wider gesundt undt starck undt fatiguirt abscheülich, ist bey dem continuirlichen regen-wetter vom morgendts umb 3 biß in die nacht zu pferdt geseßen undt es hatt ihm gar nichts geschadt. Ich glaube, man bereit hir daß quinquina beßer, alß in Teütschlandt; den sie habens hir von dem englischen chevallier Talbot gelernt, der so viel schöne curen mitt gethan hatt. Herr Max solte ma tante, die churfürstin, bitten, ihm vor sein tochtergen von der wurtzel zu schicken, die durch ahnhencken daß fieber [532] vertreibt. Daß medtgen muß hübsch sein, weill es die fraw von Brun gleicht Es ist hir ein weib, so der fraw von Brun auch gleicht, aber in alt undt heßlich, nehmblich die Maintenon. Ich bin fro, daß der gutte herr Max wider beßer ist, undt, wünsche sehr, daß er baldt wider gantz gesundt möge werden. Ich höre gern, wen Ihr mir sagt, daß es lebendiger zu Franckfort ist; den ich hoffe, daß es Eüch mehr verenderung gibt. Es ist kein wunder, daß die churfürstin von Saxsen still ist, sie hatt chagrin genung dazu; ihr herr ist ein doll hunckel, ich kene ihn woll. Daß ist eine dolle mode, so die churfürsten introducirt haben, ihre hoffmeisterinen vor den reichsgraffinen gehen zu machen, da ist keine rime, noch raison bey; wen daß ahngehente solte, so müsten sie den fürstinen zu oberhoffmeisterin haben undt gräffliche freüllen zu jungfern, den mitt adellichen kan es ja nie recht ahngehen; werden also gar wohl thun, solche wunderliche moden wider abzuschaffen. Ihr habt woll gethan, nicht hin zu gehen, biß Ihr erfahren, wie die sach ablauffen wirdt. Ewere jungfer oder freüllen, so Ihr bey Eüch habt, ist sie unßers Keßlers, so page war, schwester undt wo ist er hinkommen? Teütschlandt muß greülich seyder meiner abweßenheit geendert sein, den zu meinen zeitten war alles in jedem standt recht reglirt. Ich habe so gar ein schlegt gedechtnuß, daß ich mich deß graffen von Nassaw Weilburg gar nicht erinern kan. Deß graffen von Hohenlo erinere ich mich beßer; wen es der ist, so ich vor dießem zu Heydelberg gesehen, so ist es ein langer herr von gutten minen undt hatt ein wenig ein großen auffgeworffenen mundt. Ich bitte, danckt ihn sehr von meinetwegen vor sein ahndencken! bin fro, daß er content von mir ist, obligire gerne die personnen von meritten undt qualitet. Sein neuveu erwirbt eine große estime hir im landt undt ist mein gutter freündt. Wen ich sehe, daß die alten bekandten noch ahn mich gedencken undt meiner noch nicht vergeßen, freüdt es mich [von] hertzen. Es geht schrecklich hart vor Namur her, bin fro, daß Carl Moritz sich noch wohl dabey befindt; dieße belägerung ist eine starcke lection vor ihm, es seindt schon auff beyden seyten mehr vor Namur geblieben, alß vor Cazal. Hatt herr Max, der doch gantz natürlich ist, seinem schwager daß zimpfferrlich-sein nicht abgewöhnen können? Carolline ambrassirt von meinetwegen! Es were mir leydt, wen mein brieff ahn sie verlohren were undt wir keinen commerse haben könten. Amelisgen ambrassire [533] ich auch von hertzen undt seydt versichert, daß ich Eüch beyde sehr lieb habe undt behalten werde!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. August 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 531–533
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2029.html
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