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Brief vom 25. August 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2030.


[533] [1]

A madame Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 25 Aug[usti] 1695.
Hertzliebe Louisse, gestern abendts umb 8, alß ich wider von Maub[u]isson kam, wo ich ma tante, der fraw abtißin, eine vissitte geben, entpfunge ich Ewern lieben brieff vom 30 Julli/9 Aug[usti]; finde, daß meine brieffe nun all richtig gehen, bin fro deßwegen. Ich glaube, Ihr habt gar recht erahten, weßwegen Ewer letztes schreiben geschwinder ahnkommen. Mein sohn hatt unß den dritten schrecken eingejagt, daß fieber ist ihm gar starck wider ahnkommen, auch so, daß der könig ihm mitt eygener handt geschrieben undt Monsieur undt ich ihm befehlen, wider zu kommen. Weillen aber, alß er unßere brieff bekommen, ihn daß fieber wider verlaßen, hatt er nicht wider kommen wollen undt ist bey der armeé geblieben, weillen er vernohmen, daß eine bataillen werden könte, in dem man den secours vom schloß von Namur tentiren will; habe also doppelt vor meinem armen sohn in sorgen zu sein, so woll wegen einer bataille, alß auch, daß er wider auffs neüe kranck werden möge. Ich wolte, daß daß schloß von Namur geschwindt übergehen könten undt ehe die armeén einander zu gesichte kommen möge[n]. Wie es dem armen Brüssel gangen undt wie man es bombardirt hatt, werdt Ihr nun ohne zweyffel woll wißen. Ich habe auch gemeint, daß die zwey comandanten von Dixmude undt Dainse sich hetten bestechen laßen, habe also die sach examinirt; man hatt mich aber versichert, daß, waß sie die heßliche that hette thun machen, were, daß es gar interessirte kerls weren undt viel gelt unrechter weiße hetten auß den stätten gezogen, sich hernach den Frantzoßen ergeben, damitt alles gelt ihnen bleiben möge undt sie nicht drüber mögte[n] gestrafft werden, welches all warhafft scheindt undt aparendlich ist. Wen man nichts von den leütten hört, so in gefahr sein, ist es allezeit ein gutt zeichen, den böße zeittungen gehen nur gar zu geschwindt; hoffe also, daß Carl Moritz nichts übels begegenet [534] ist, undt wünsche es von hertzen. Printz Carl von Neüburg habe ich von jederman, so I. L. kenen undt gesehen haben, loben hören. Ich weiß dießem pfaltzgraffen recht danck, daß er von so gutt naturel ist, undt ist woll nichts abscheülicher in der welt, alß alle diejenigen zu verliehren, so man lieb hatt. Weillen I. L. der churfürst zu Pfaltz keine printzen hatt, wirdt pfaltzgraff Carl wohl thun, wider zu heürahten; den sonsten mögt[e] wohl seine ligne wie die unßerige gantz absterben. Ihr sagt wohl, daß pfaltzgraff Carl ahn einem churfürsten gleicht, aber nicht, ob es sein herr vatter, mein herr vatter oder mein bruder ist; den alle 3 undt insonderheit die zwey letzen seindt ja leyder todt. Wie ich nie nichts von der historie von der Holländerin oder Berau gehört hatte, habe ich gemeint, es seye gantz eine erdichte fabel; aber waß mich wunder nimbt, ist, daß die Schweytzer sich von dem menschen dupiren laßen undt eines von ihren söhnen auffziehen, des churfürsten meines her vattern s. gedachtnuß zu ehren undt weillen die mutter doch in dem landt ins kindtbett kommen. Wie können sie den nicht wißen, daß daß kint gestorben ist ? Die, so mir die historie verzehlt, haben sie auß der Schweitz erfahren. Die Holländerin gibt vor, sie hette so einen schlegten undt doch gar reichen man genohmen, damitt ihren sohn, so sie vom churfürst s. hette, reich zu machen; solle auch mitt fleiß deßwegen waß gebraucht haben, umb nie keine kinder mehr zu bekommen. Wie ich aber sehe auß waß Ihr mir verzehlt von dießer person, so ist eben nichts sonderlichs dahinden undt deücht wenig. Wie mir unßere madame de Savoye bericht, so meint man zu Turin, daß nicht die liebe, sondern margraffs Carls eygene leütte ihren herrn umb leben sollen gebracht haben. Ich meinte, dießer herr were gar schön gewest, den man sagt, daß alle galanten damen zu Turin ihm nachgeloffen sein; hatt er aber seinem herr vatter geglichen, so kan er nicht schön geweßen sein, den alle contrefaitten, so ich von dem verstorbenen churfürsten von Brandenburg gesehen, waren gar heßliche gesichter; seine große stärcke undt courage muß ihn den alß wie Hercules bey den damen beliebt gemacht haben. In den holländischen zeittungen stundt, daß mein vetter, der landtgraff, dem könig Wilhelm frische volcker nach Namur führte. Die landtgraffen von Heßen erfüllen wohl, waß man im heürahten sagt: Seydt fruchtbar undt mehret Eüch! Es ist doch ein groß glück, daß, [535] wen man viel kinder hatt, daß sie woll geschaffen werden. Ich kene hir fürstliche personnen, so 4 döchter undt einen sohn haben, aber alle zwergen oder puckelicht. Der zweyte heßische printz wirdt mitt der zeit viel ravage unter den damens mitt seiner schönheit machen. Ich wünsche, daß dem gutten herr Max daß Schlangenbaadt woll bekommen möge. Ich habe ein brieff von Lenor ahn ihre schwester, die Schelmin, habe ihn aber schon ein gantzen mont in meiner schreibkist vergeßen; weillen ich ihn aber eben widerfinde, schicke ich ihn doch, bitte, ihn nebst meinem gruß der fraw von [S]chelm, nach unßer sprach aber dem Gredel, zu überlieffern. Wer sich mitt wenigem vergnügt, ist woll glücklicher, alß wer bey reichtum viel wünscht; alleine, liebe Louisse, so kan ich doch nicht laßen, zu regretiren, daß ich Eüch in nichts dinen kan undt nur bloß meinen gutten willen mitt bloßen schwachen wortten erweißen. Daß halte ich vor ein recht unglück vor mich, aber hette ich Eüch dinnen können, were ich gewiß oncle undt tante zuvor kommen. Auff dem gebett were noch viel zu sagen undt seindt sachen, schwer zu begreiffen, daß unßer herrgott unß zu unßerm besten alles zuwider thut; aber mir gebührt nicht, davon zu reden, sondern nur mitt respect alles zu admiriren, waß gott thut, ob ich zwar daß wenigste davon begreiffe. Es ist eßens-zeit, muß also schließen, ambrassire Eüch undt Amelise von hertzen undt habe Eüch recht lieb.
P. S.
Ich habe schon zwey mahl ahn den apotecker zu Bassel, Frey, welchen Ihr, liebe Louisse, meine bücher undt Virgillius geschickt, schreiben laßen, umb die bücher zu bekommen, wir bekommen aber kein antwort; weiß nicht, waß es bedeütt, ob der apotecker gestorben ist oder wie es mitt her muß gangen sein, den ich höre von nichts undt die bücher kommen [nicht]; bitte derowegen, last doch nach Bassel schreiben, damitt man erfahren kan, waß man mitt meine bücher gemacht hatt! Konnen sie wider gefunden werden, so last sie nur nach Strasburg ahn die fraw von Rotzenhaussen, Lenor, schicken! Die wirdt schon gelegenheit finden, sie mir zu schicken.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. August 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 533–535
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2030.html
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