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Brief vom 5. November 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2032.


[538] [1]

A madame Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Port-Royal den 5 November 1695.
Hertzlieb Louisse, gestern bin ich mitt Ewerm lieben brieff vom 12/22 October erfrewet worden sambt die vers auff der königin Marie todt, welche ein pfarer muß gemacht haben, den sie sein sehr devot; dancke Eüch sehr davor. Daß Ihr mir sie aber erst dieße post geschickt, bedarf kein entschuldigung; den es hatt kein eyll gehabt undt habe ich doch noch daß dran profitirt, daß sie sein corigirt worden. Ahn meine freündtschafft könt Ihr woll zweyfflen, indem ich nie leyder nichts habe thun können, umb sie Eüch zu persuadiren; weillen Ihr aber so gutt sein wollet, meinen wortten zu glauben, so seyt auff neüe versichert, liebe Louisse, daß ich nie vor Eüch, noch Ewere geschwister endern werde undt stehts wünschen, Eüch solches mitt soliden proben zu bezeügen! Die andtwordt, so der Judt der Keßlerin geben, darauß scheindt, daß sein verstandt beßer, alß seine figur, war. Die commedie vom marechal de Luxembourg au lit de la mort habe ich dießen sommer geleßen. Es ist schadt, daß der, so sie gemacht, die personage, so er auff [539] sein theatre setzt, nicht beßer kent; den wen er die caracteren au naturel hette reden machen, hette man waß gar artliches auß dießer comedie machen können. Etwaß, so mich ungedultig drinen macht, ist, wen sie den könig immer mon cousin zu monsieur de Luxembourg sagen machen; auff den brieffen setzt der könig woll ahn die duc et pairs mon cousin, aber im reden nicht, sagt nur: Monsieur de Luxemb[o]urg. Die coeffuren hir seindt gar hoch, aber die haar tregt man nicht mehr so hoch wie vor dießem, seindt auch nicht mehr so strack gezogen, noch die coeffure so geradt in die hohe. Sie bigen sie jetzt so sehr, daß, so baldt 2 weibspersohnen ein wenig nahe mitt einander sprechen, hencken sich die spitzen oben ahn einander, daß man nicht wider von einander kommen kan, ohne eine 3te person zu ruffen, so einem wider loß macht; mein tochter undt ich seindt gestern 2 mahl so stecken blieben, daß ist recht poßirlich. In Engellandt seindt gemeinlich alle leütte beßer geschaffen, alß hir in Franckreich, also leichter woll zu kleyden. Deß Spiegel mutter jammert mich; ich fürchte sehr, ihr sohn wirdt ihr viel hertzenleydt zu wegen bringen. Noch der zeit hatt er meinen kauffman nicht bezahlt, den er hatt mich fragen laßen, ob ich noch nichts von Spiegel gehört hette. Ihr habt recht, der Spiegel hatt eine schlimme visionomie. Ich sehe, daß Ihr eben so gern verzehlen hört, alß ich, weillen Ihr Ewere haußhälterin verzehlen macht. Waß ist daß vor ein printz, den Ihr den printz von Siegen heist? Mich deücht, ich habe dießen nahmen nie gehört. Wen seine hochzeit Eüch divertirt, bin ich schon zufrieden, wer es auch sein mag; den ich wünsche Eüch alles vergnügen. Sorgt nie, daß Ewere brieffe, liebe Louisse, mir zu lang werden! undt durch die exacte andtwortten, so ich drauff thue, könt Ihr ja woll judiciren, daß sie mir ahngenehm sein. Ihr sagt mir nichts von unßerm gutten herrn Max, hoffe also, daß es beßer mitt ihm ist. Von hir kan ich Eüch nichts neües berichten, weillen Ihr die leütte nicht kent, derowegen Eüch nur bitten, Amelisse von meinetwegen zu ambrassiren undt persuadirt zu bleiben, daß ich Eüch beyde allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. November 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 538–539
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2032.html
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