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Brief vom 30. Januar 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2041.


[552] [1]
Versaille den 30 Januari 1699.
Hertzliebe Louisse, ich bin recht beschambt, daß ich Eüch abermahl entschuldigung muß machen, daß ich 4 von Ewern lieben schreiben entpfangen, ohne drauff zu antwortten, alß nehmblich 13/23 December, 6 Januari/27 December, 3/13 Januari, 10/20 Januari; dießen letzten habe ich gestern entpfangen. Allein, liebe Louisse, ehe wir nach Paris sein, muß ich Eüch gestehen, daß ich Eüch nicht geschrieben, weillen ich mich nicht habe resolviren können, kleine brieffe zu schreiben undt nicht ordentlich auff die Ewern zu andtwortten, undt zu großen hatte ich der zeit nicht. Aber die zeit über, die wir zu Paris geweßen, so 8 tag gewehrt, hette ich woll ohnmöglich schreiben können, ob ich es zwar gewolt; den nicht allein habe ich dortten kein augenblick zeitt, sondern auch ich bin kein 24 stundt dortten geweßen, da ist mir ein starck kopffwehe ahnkommen, welches mir die 8 tag gewehret, daß ich kaum auß den augen hab sehen können, undt habe starck dabey gehust. Seyder vergangen montag seindt wir wieder hir. Zwey tag ist mir nach dem kopffwehe ein starcker schnupen ahnkomen, drumb habe ich nicht eher, alß heütte, schreiben können. Wen ich auff alle 4 schreiben jetzt antwortten wolte, so müste ich ein gantz buch schreiben undt also abermahlen den post-tag verseümen, will also nur auff daß letzte antworten, aber daneben sagen, daß alle Ewere [553] schreiben mir gar ahngenehm geweßen sein. Es würde noch zeit genung geweßen sein, sich mitt mir zu erfrewen, wen mein dochter einen sohn wirdt haben; bekompt sie aber nur eine dochter, werde ich mich nicht viel über ihr schwanger-sein erfrewen; dancke Eüch sehr vor Ewerm gutten wunsch seiner geburt. Wen mein dochter einen printzen bekompt, werde ich mich woll erfrewen können, aber ich bin schon zu alt, sonsten viel freüdt ahn ihm zu erleben. Es ist war, daß mein dochter, gott sey danck, bißher gar glücklich ist; gott gebe, daß es wehren möge! Mein dochter hatt all ihr leben (weiß nicht, auß waß ursachen) im kopff gehabt, daß sie bey keinem herrn in der welt glücklich sein könte, alß wen sie den hertzogen von Lotheringen heürahten solte, derowegen hatt sie sich so baldt in dem landt schicken können. Von mir hatt keines von meinen kindern nichts in der welt, undt ob mein dochter zwar, gott lob, kein bößes gemühte, so hatt sie doch gar nichts in ihrem humor, so ahn mich gemahnen kan, undt noch weniger durch ihre figur. Wen unßere römische königin ambition hatt, wirdt sie glücklich sein, den ordinari so hatt man nicht zwey passionen mitt einander auff ein mahl. Man hatt mir in vertrawen gesagt, dießer könig habe gar einen violanten humor undt were geschwindt im harnisch. Ich bin woll Ewer meinung, liebe Louisse, daß man nicht lieben kan, ohne jalous zu sein; liebt man nicht, so ist nichts leichters, alß nicht jalous zu sein. Aber mich deücht, umb nicht unglücklich zu sein, so thut man ahm besten, nur in gutter amitié undt consideration mitt seinem man zu leben; so plagt man weder ihn, noch sich selber. Den wozu hilfft die zu starcke liebe? Sie kan nicht dawern, den die mäner lieben einen nicht, also hatt man nur chagrin davon; aber seine schuldigkeit bey ihnen zu thun, woll mitt ihnen zu leben undt sie, wie [sie] wollen, walten laßen, ist alles, waß man ahm besten thun kan, umb kein chagrin zu haben. Wir werden sehen, wie es die romische königin ahnfangen wirdt. Daß die Turquen viel weiber lieben, ist kein wunder; sie lieben sie nur wie ihre pferde. Wir haben hir eine dame bey der duchesse de Bourgogne, deren vatter hir vom konig turquischer abgesanter geweßen; sie ist also mitt ihres vatters ambassade zu Constantinople geweßen undt hatt auch die sultanen gesehen. Die verzehlt mir offt davon, wie die Turquen mitt ihren weibern leben; sie sprechen nie mitt ihnen, halten sie recht wie thiere. Es ist mir recht leydt, [554] wen die ambassadeurs weiber mitt bringen, den daß ist eine gewiße ceremonie vor mich undt ich haße die ceremonien wie den teüffel. Ich bin woll Ewerer meinung, daß etlichen jahren her die demanten gemeiner worden sein, alß sie vor dießem wahren, insonderheit die großen demanten. Wo seindt den alle die teütschen graffen, fürsten undt edelleütt hinkomen, daß deren so wenig sein, daß man entwetter nur mitt damen oder kinder tantzen kan? Es ist mir recht leydt vor den gutten abé de Thesseu, daß er kranck ist; aber es wundert mich nicht, den die lufft zu Paris ist gar böß undt die, so ahn böße lufft gewondt sein, werden eben so woll kranck, wen sie in gutter lufft kommen, alß die, so auß gutter in schlimmer kommen. Hirmitt, liebe Louisse, ist Ewer letzter brieff beantwortet; sage Eüch sehr danck vor Ewere[n] gutten wunsch vor meine interesse, aber es würde mir zu thewer kosten; den so lang, alß Monsieur lebt, kan ich nichts pretentiren, waß man auch in meinen nahmen bekommen mag. So seindt die frantzosche heüraht bestelt, drumb sicht man auch so bößen ehen undt so viel brouillerien zwischen mäner undt weiber. Es wirdt spät, ich muß enden. Adieu, liebe Louisse! seidt versichert, daß ich Eüch allezeit recht lieb behalten werde!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Januar 1699 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 552–554
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2041.html
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