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Brief vom 3. November 1717

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2054.


[567] [1]
St Clou den 3 November 1717 (N. 18).
Hertzallerliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewer liebes schreiben vom 19 October, no 23, zu recht entpfangen undt [unsere] corespondentz geht nun gar richtig. Gott gebe, daß es dawern mag! Ich danck Eüch sehr, liebe Louisse, vor die letz[t]en 2 überschickten schachteln mitt Nürenberger pflaster, welches eine große freüde im gantzen hauß verursachet, den Ihr könt nicht glauben, wie woll man sich hir dabey befindt. Ich bitt Eüch, liebe Louisse, schickt mir ein dutzendt von den gedruckten frantzößchen zettel, wie Ihr mir schon ein mahl eins geschickt, wozu diß pflaster alß gutt ist! Ewere liebe brieff können mich nie belastigen; den kan ich drauff andtwordten, so thu ichs, kan ichs nicht, so geschichts ein ander mahl, also kan es mich ja nie ambarassiren. Ich schreibe [trotzdem], daß es kein post-tage ist, den ich werde morgen nach Paris, also keine zeit zu schreiben finden, werde 2 krancken besuchen, nehmblich madame d’Orlean, meines sohns gemahlin, undt madame la princesse. Ich werde auch zu madame de Bery au Luxemburg, so ich lang nicht besucht; sie hatt ihr maison de campagne quittirt undt ist in der statt Ich habe meinen tag noch nicht genohmen, wen ich auch wider hin werde, den ich quittire St Clou bitter ungern. Paris ist mir ungesundt undt in allen stücken zuwieder, ich führe dort gar ein betrübtes leben voller zwang undt ungemach. Nachdem ich morgen meine vissitten werde abgelegt haben, komme ich wider ins Palais-Royal, wo die commedianten Oedipe spillen werden undt ein poßen-spiel; hernach werde ich wider in kutsch undt her, also keine zeit zu schreiben finden undt ich will doch die post nicht verliehren, drumb schreibe ich Eüch heütte. Liebe Louise, Ihr schreibt woll undt Ewere brieff seindt de bon sens undt nicht abgeschmackt. Her Zachman kam gestern her undt sagt mir die commission, so [568] Ihr ihm geben habt. Es ist mir leydt, daß ich Eüch gar keine hoffnung geben kan, waß von der pretention von dem könig zu bekommen, den ich weiß, daß man keinen menschen nichts gibt vor waß der krieg ihnen geschadet hatt. Dießes exempel geht zu weit, kamme[2] auff millionen auß. Wen der s. könig sagte: Je veray, daß bedeüttet nichts, er sagte es zu alles, waß man ihm fordert. Ich werde Eüch mein leben nicht betrügen undt mich deücht, es ist beßer, daß man die sachen bladt herauß sagt, waß ahn[3] meint, alß falsche hoff[n]ung zu geben. Es ist mir leydt, daß Ihr ahn mein sohn nicht eh[e]r gefordert habt. Wen ich noch ein mahl mitt herr Zachman davon werde gesprochen haben, will ich Eüch gleich sagen, waß drauß werden wirdt. Gestern konte ich nicht lang mitt ihm reden, weillen es mein großer schreibtag war, ich hoffe ihn aber morgen zu sehen undt zu sprechen, habe ihm rendevous zu Paris geben; sontag-post werde ich Eüch davon rechenschafft geben. Der könig s. konte geben vom seinigen, waß er wolte; aber weillen der verstorbene könig nichts, alß schulden, gelaßen, in dem er zwey mahl hundert taußendt myllionen mehr verthan, alß sein einkommen einträcht, also muß mein sohn alß regent undt, so zu sagen, vormünder vom jungen könig mitt alles gar sparsam umbgehen, fürchte also, daß Ihr wenig vergnügen davon bekommen werdet, wie ich Eüch schon gesagt, liebe Louisse! Man muß allezeit seine pretentionen fordern, die zeitten endern sich etlich mahl. Mir wirdts leydt sein, wen Ihr nichts bekompt, aber ich bin nicht so deraisonabel, daß ich böße werden solt, daß Ihr daß Ewerige fordert, undt werde gern vor Eüch solicitiren. Ich bin fro, daß Ewere gesundtheit wider beßer ist; es ist mir auch lieb, daß Ihr schon seyder etliche jahren die zeit überstanden, so den weibsleütten[4]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 3. November 1717 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 567–568
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2054.html
Änderungsstand:
Tintenfass