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A madame Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort[2].
St Clou den 14 November 1722 (N. 4).
Hertzallerliebe Louise, Ihr werdet noch nicht gar content dieße
post sein von waß ich Eüch von meiner gesundtheit sagen kan;
den unter unß gerett, so finde ich, daß, je mehr man mir braucht,
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je übeller wirdts mitt mir. Gestern war ich so übel, daß noch 2
tag so, so hette ich gar gewiß in jenne welt wandern müßen. Dem
sey, wie ihm wolle, so wirdt man doch endtlich sehen müßen, waß
auß dießem allem endtlich werden wirdt. Wen ich nicht so
erschreckliche ersticken hette, würde ich es mitt größerer gedult
erwartten, aber ich muß gethan
[3], daß daß ersticken eine graußame
qual ist. Heütte hatt man mir etwaß zu schlucken gebracht, so
man le sel clobere
[4] heist. Sie hatten mich versichert, daß es mich
nicht purgiren würdte, sondern nur durch nichts anderst, alß durch
pißen purgiren würde; aber wie die herren nicht allezeit sicher von
ihren künsten sein, so hatt es mich starck 6 mahl purgirt undt so
erschrecklich abgemadt, liebe Louise, daß ich wider kaum meine
feder halten kan. Adieu den, liebe Louise! So lang mich die
frantzosche docktors-kunst nicht gar umbs leben bringen wirdt, werde
ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalten.