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Brief vom 11. Dezember 1680

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


33.


[035]
St. Germain den 11. December 1680.
… Ich muß E. L. gestehen, daß sie woll recht errahten haben, wenn sie sagen, daß was mich noch so sehr schmertzt, ist, daß ich förchte, daß papa auß kummer undt hertzenleydt gestorben ist, undt daß wenn der große mann[1] undt seine ministers ihn nicht chagrinirt hetten, hetten wir ihn lenger auff dießer welt gehabt undt ich hette ihn vielleicht auch wider einmahl zu sehen bekommen; ja wenn ich daran gedencke, so bin ich gantz melancolisch, denn obschon die Pfaltzgraffen nicht lange leben, so war doch I. G. der Churfürst seeliger von einer solchen gutten undt gesunden constitution, daß man woll hette hoffen können, daß I. G. es woll auffs wenigst so weit bringen würden, alß E. L. undt I. G. fraw mutter seelig, die Königin in Böhmen[2], wenn man I. G. nicht gechagrinirt hette. Es ist mir doch auch noch ein trost, daß E. L. mir versichern, daß I. G. der Churfürst nicht vor seinem endt ungnädig auff mich geweßen ist; mich wundert aber, daß er E. L. das dialogue nicht geschickt hatt, so ich mitt dem großen mann gehabt, denn ich weiß gewiß, daß er solches woll 14 tag vor seiner kranckheitt entpfangen hatt, undt weillen er mir nicht drauff geantwortet undt mir ahn Eck schreiben laßen, daß er solches entpfangen, habe ich geförcht, daß er nicht content von mir seye; aber weillen er E. L. nicht damahls geschrieben, so hoffe ich, daß ich mich in meiner forcht betrogen. Es scheinet woll auß der manir, wie man meinen bruder[3] nun tractiret, daß man nicht willens war, waß beßers außzurichten. … Monsieur proposirte ahn die Königin, sie solte ein voeu ahn St. Ovide (?) vor ihres sohns gesundtheit thun, ich aber sage zu I. L., daß er viel eher [036] dem König rahten solte, ein voeu zu thun, hinfüro gerechtigkeit zu üben undt einem jetwedem das seinige wider zu geben undt mitt einem wort kein unrecht gut ahn sich zu ziehen, so würde sich sein sohn viel beßer befinden.
Daß E. L. elster printz[4] in Engellandt geht, weiß man hir, auch sagen alle, daß es seye, umb die princes von Jorck zu heürahten; weillen E. L. mir aber versichern, daß es nicht wahr ist, will ich es nicht glauben. Zukünfftige woche werde ich I. L. unßerm printzen selber glück zu seiner reiße wünschen. … Was graff Carl von Schomberg[5] ahnbelangt, so wirdt er woll Caroline nicht nehmen, man bezahle ihm dan die schuldt gantz, welche gar hoch leüfft undt meinem bruder[6] woll schwer wirdt fallen zu bezahlen in einer zeit wie nun, da ihm der König[7] so viel ämpter einhelt, undt er auch jetzt seiner fraw mutter[8] gelt geben muß, welche, wie E. L. woll wißen, jetzt weder heller noch pfennig hatt. Wenn E. L. mir nicht versicherten, daß mein bruder den kindern[9] nicht halten will was er ihnen verschrieben, so könte ichs unmöglich glauben, denn mein bruder ist devot undt das nur gar zu viel vor einen weltlichen Churfürsten, zudem so hatt er auch jeder zeit gar gutte sentimenten gehabt: die böße leütte undt fuesschwentzer[10] müßen ihn denn greülich observiren undt ahn sich halten. Ich hoffe aber: das, was E. L. ihm durch herr Ferdinand[11] entbiehten undt was ich ihm schreibe, wirdt ihm die augen öffenen, denn E. L. wißen woll, daß Carlgen[12] alß vor dießem gerne thate was E. L. undt ich ihm riehten … Wenn er dan ihnen einmahl geben wirdt was ihnen gehört, so hoffe ich, da die drey medger[13] doch woll männer finden werden, hir aber nicht, denn man denckt hir ahn nichts alß viell bar gelt, welches die arme kinder nicht haben. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. Dezember 1680 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 35–36
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0033.html
Änderungsstand:
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