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Brief vom 21. Juli 1682

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


39.


[042]
Versaille den 21. Julli 1682.
Weillen sich der frantzösche oberstleüttenandt (durch welchen E. L. mir die ehre gethan haben zu schreiben) jetzt wider bey mir ahnmelt undt sagt, daß er zu endt dießer woch wider nach Hannover werde, alß habe ich ihn nicht weg wollen laßen, ohne E. L. durch etliche zeillen zu versichern, daß niemandes in der welt E. L. mehr ergeben ist alß ich. Ich hoffe zwar, daß E. L. mir woll die justice thun, solches zum vorauß zu glauben, allein so tröst es mich doch, wenn ich gelegenheit finde, E. L. solches zu sagen; undt trost hab ich hoch von nöhten, denn ich bin wider so leünisch[1] wie ein alter hundt, undt ich glaube, daß seyder ein jahr hir der teüffel sich in menschliche [043] gestalt verwandelt hatt, umb mich auß der hautt fahren zu machen undt zu erlernen alles was die teüffelische undt menschliche falschheit vermach, undt hirin bin ich nun so perfect gelert, daß meine lehrmeisters mich nun woll einmahl in ruhe solten laßen, denn ich weiß nun nur gar zu woll undt experimentire solches nur täglich gar zu viel, was lügen sein, woran nicht ein eintziges wort wahr ahn ist, was viel versprechen undt nichts halten ist, was gutte minen sein, wen man einem den grösten affront von der welt preparirt undt einem heimlich die ehre abschneit, ja was es ist, sich ahnzustellen, alß wenn man waß bößes von einem glaube, da man doch in dem grundt alles viel beßer weiß, waß es endtlich ist, sich verwundern, worumb man trawerig ist, solches ahn alle menschen fragen, da man doch in seinem gewißen weiß, daß man täglich undt stündtlich ursach dazu gibt. Aber wenn ich alles so nach einander sagen solte, was ich seyder ein jahr her erfahren habe, würde mein brieff nicht allein gar zu lang werden, sondern E. L. auch gar zu langweillig zu lesen fallen; will derowegen dießen discours fahren laßen undt von was anderst reden. Mein bößer humor würde mir woll baldt vergehen, wenn man mir erlauben wolte, E. L. ein zeit lang auffzuwarten, aber dieße freüde darff ich mir nicht machen, muß also dießen text auch quittiren, sonsten werden mir die grillen noch ärger im kopff steigen, alß sie schon sein. Wovon soll ich E. L. den weitters entreteniren? … In einer stundt werden wir in ein opera gehen, so man in der reitschule spillen soll. In etlichen tagen wirdt mad. la dauphine woll ein andere music machen, denn sie ist nun bey die 5 wochen in ihrem 9. monat undt erwart alle stundt der niederkunfft[2]. Ich bin nicht in denen sorgen, denn es ist nun 4 jahr undt mehr, daß man mich gantz züchtig lest leben; dießes sage ich jetzt E. L., weillen ich glaube, daß ich hir eine sichere gelegenheit habe, denn auff der post würde ich es nicht wagen, so doll zeüg hervor zu bringen alß in dießem brieff stehet. Alleweill schlegt es 7 undt weillen ich Carllutz[3] ein par wort schreiben will, alß werden mir E. L. erlauben, zu schließen. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Juli 1682 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 42–43
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0039.html
Änderungsstand:
Tintenfass