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Brief vom 19. August 1683

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


45.


[057]
Fontainebleau den 19. Augusti 1683.
… I. G. die Churfürstin mein fraw mutter[1] sagte mir selber auch zu Thumfäßel[2], daß sie mein herren geendert funde; jedoch hatt er es auffs best gemacht, allein es war ihm alß bang, die Churfürstin mögte von geschehenen sachen reden, undt darumb war er so ambarassirt, undt zu meinem glück undt auch, umb die warheit zu sagen, auff meine bitt hatt sie ihm von nichts gesprochen, denn ich kenne den handel woll: hette man ein wort gesagt, so were es über mich außgangen undt hette er sich wider gegen den König beklagt, daß ich seine freünde beschreye undt also nicht woll mitt ihnen leben will, welches in der that die gröste klage ist, so man gegen mir hatt undt warumb er sich in den letzten händeln von mir hatt scheyden wollen; drumb glaube ich, daß E. L. nichts desaproviren werden, daß ich die Churfürstin gebetten habe, sich nichts mercken zu laßen, denn nun alles zimlich [058] still, glaube ich qu’il ne faut pas reveiller le chat qui dort[3], wie man alß hir im sprichwort sagt. Mir ist es auch woll von grundt meiner seelen leydt geweßen, die gnade nicht zu haben, E. L. in Teütschlandt auffzuwarten, allein ich habe E. L. die proposition von einem rendevous nicht thun dörffen, weillen man hir alle tag sagte, daß oncle[4] den krieg gegen den König hir wolle undt deßwegen troupen auffm fuß hette, dachte also, daß in den zeitten ein rendevous gar mal à propo käme. Ich will doch noch nicht ahn der hoffnung verzweiffelen, E. L. noch einmahl vor meinem endt zu sehen, denn wenn ich mir das in kopff brächte, würde ich weder ruhig leben noch sterben können. Man sagt hir, daß der graff von Starenberg[5] sich braff in Wien wehrt; selbiger wirdt mehr gloire undt ehr von dießem krieg bekommen, alß der gutte Keyßer[6], so so erbarmlich geflehet hatt; es jamert mich doch seiner. Herr Hanibald[7] ist in Candien schon gewont, wie man mitt den Türcken umbgehen muß: er hatt mir vor dießem viel von den türckischen kriegen verzehlt; ich habe Max[8], sein bruder, bey der Churfürstin gesehen, welcher mir gesagt, daß Hanibal catholisch worden, seyder er in bayerischen dinsten ist. E. L. haben acht, daß printz Gustien[9], so so große lust hatt, in Ungarn zu ziehen, es nicht mache wie der printz de Conti, welcher durchgangen, ehe man es sich versehen hatt, undt man hatt ihn erst zu Frankfort wider ertapt. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 19. August 1683 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 57–58
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0045.html
Änderungsstand:
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